Von Pierre Levy
Als der siebenundvierzigste Präsident der Vereinigten Staaten am 20. Januar sein Amt antrat, erregte dies weltweite Aufmerksamkeit. Dieser Amtsantritt könnte eine Ära tiefgreifender Veränderungen einläuten. Doch welche genau? Zur Vorsicht geraten sei jenen, die glauben, alles bereits verstanden, analysiert und vorhergesehen zu haben. Es gibt gute Gründe für diese Zurückhaltung:
Erstens gibt es unterschiedliche innenpolitische Kräfte, die versuchen, Einfluss auf Donald Trump zu nehmen. Dazu zählen nicht nur traditionelle Industriezweige wie Automobilbau und Stahlerzeugung, sondern auch die Energiebranche (Öl, Gas, Kohle) sowie der Rüstungssektor. Ebenfalls entscheidend sind der technologisch fortschrittliche Sektor, darunter Mikroprozessoren, soziale Netzwerke und künstliche Intelligenz, sowie die zugehörigen Finanzmärkte.
Gerade der Tech-Sektor scheint im Aufschwung. Zahlreiche prominente Vertreter, darunter Elon Musk, wurden bereits in einflussreiche Positionen innerhalb der neuen Administration gehoben. Doch die Machtverhältnisse sind weiterhin im Wandel begriffen.
Der zweite Grund für nötige Vorsicht ist die Komplexität der globalen Politik. Diese wird zwar von den strategischen Überlegungen der Staaten geleitet, doch spielen auch Opportunismus, Improvisation und die individuellen Egos der Machthaber eine entscheidende Rolle. Besonders bei Trump, dessen Unberechenbarkeit künftig eine Herausforderung darstellen könnte. Obwohl unwahrscheinlich ist, dass er die USA aus der NATO führt, sorgt bereits die Möglichkeit für erhebliche Unruhe unter den atlantischen Verbündeten, die nun stets eine unerwartete Nachricht des Präsidenten fürchten müssen.
Viele im atlantischen Bündnis blicken mit Sorge auf die nächsten vier Jahre, in denen der “Chef” der “freien Welt” schwer kontrollierbar sein wird – und Trump wird das ausnutzen. Die Richtung dieser Entwicklung ist noch ungewiss.
Nach Trumps Rückkehr ins Weiße Haus haben zahlreiche Analysten und Kommentatoren Spekulationen angestellt. Einige prognostizieren eine Rückkehr zu einem ungezügelten Imperialismus des 19. Jahrhunderts, während andere befürchten, Trump könne sich mit Xi Jinping und Wladimir Putin zu einer Art brutalem „Triumvirat“ zusammenschließen.
Andere in Europa hoffen vielleicht vergeblich, dass die eher rüden Manieren Trumps die Europäische Union attraktiver machen könnten, als sanfte und respektvolle politische Alternative zu den USA.
Trotz der Unsicherheit über Trumps geopolitische Pläne hat er bereits vor seiner offiziellen Amtsübernahme die europäischen Staats- und Regierungschefs gespalten. Trump spielte mit dem Gedanken, Territorien wie Panama, Grönland und Kanada unter seine Kontrolle zu bringen – eine typische Provokation seinerseits.
Sein Berater Musk mischte sich offen in den deutschen Wahlkampf ein und setzte die britische Regierung unter Druck bezüglich des Umgangs mit pädokriminellen Banden. Die Reaktionen in Europa auf Trumps Aktionen sind geteilt: Während einige Staaten ihm aus historischer Verbundenheit oder ideologischer Nähe folgen, versuchen andere, wie Frankreich und Spanien, ihre eigenen Positionen zu stärken und die EU als Gegengewicht zu positionieren.
Deutschland und das Vereinigte Königreich wiederum befinden sich in einer Zwickmühle zwischen atlantischer Loyalität und nationalen Interessen, was besonders in Wahlkampfzeiten zu Konflikten führen kann.
Die EU muss auf diese neuen Herausforderungen reagieren, während Trumps Ziele möglicherweise darauf abzielen, eine machtpolitische Balance zu China herzustellen, das als zunehmender globaler Rivale gesehen wird.
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