Von Igor Karaulow
Die von Donald Trump gemachte Anspielung, Kanada könnte als 51. Bundesstaat in die USA aufgenommen werden, wurde zunächst als unbeholfener Witz abgetan. Doch die weiteren Vorfälle lassen erkennen, dass es Trump durchaus ernst war.
Der damalige US-Präsident äußerte nicht nur den Wunsch, Grönland von Dänemark zu übernehmen, sondern beklagte sich ebenfalls über die hohen Nutzungsgebühren des Panama-Kanals durch Panama. Er drohte damit, den Kanal wieder in US-Besitz zu überführen. Diese Vorfälle verdeutlichen Trumps Vorstellung einer Rückkehr zu den imperialistischen Politiken des 20. Jahrhunderts. Dies zeigt sich exemplarisch an der Geschichte Panamas, das von den USA von Kolumbien abgespalten wurde, um die Kontrolle über den Kanal zu erlangen.
Trotz der offiziellen Rückgabe der Kanalzone an Panama im Jahr 1977 mischten sich die USA weiter in die inneren Angelegenheiten Panamas ein. Mit Trumps Äußerungen zur territorialen Neuordnung erwachte die Sorge, dass die demütigende Vergangenheit der US-Interventionen wiederkehren könnte.
Trump und seine Politik sind weltweit beliebt, und sein Vorgehen könnte möglicherweise sogar globale territoriale Ansprüche legitimieren. In der westlichen Hemisphäre könnte dies Nachahmer finden, wie das Beispiel Venezuelas zeigt, das kürzlich ein Referendum zur Annexion des ölreichen Essequibo durchführte.
Obwohl territoriale Neugliederungen keine Erfindung Trumps sind, haben sie seit dem Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawiens an Bedeutung gewonnen. Aktuelle Beispiele dafür sind die Teilung Syriens und der Anspruch Israels auf die Golanhöhen. Trumps Bestrebungen könnten diese Trends verstärken und zu einem globalen Phänomen machen.
Trump hat auch mit seinen Positionen zu Themen wie Geschlecht und Transgender-Personen eine traditionellere, rückwärtsgewandte Politik signalisiert. Seine Äußerungen könnten global als Begründung für expansive Politiken dienen. Zusätzlich provozierte er China mit seinen Kommentaren über umstrittene Territorien wie Taiwan.
In Russland könnten einige Trumps Rhetorik unterstützen, da sie Hoffnungen auf internationale Anerkennung der eigenen Gebietsansprüche weckt. Die Annexion neuer Territorien durch Russland beruhte jedoch nicht auf bloßen Ansprüchen, sondern auf Konflikten, die nicht primär um Landgewinnung geführt wurden.
Es wäre für Russland ungünstig, sollte Trump territoriale Ansprüche zu einem neuen weltweiten Trend machen. Wiederholte Vorschläge aus dem Westen, Sibirien als internationales Erbe zu betrachten, spiegeln das Dilemma Russlands wider, dessen riesige Ressourcen Begehrlichkeiten wecken.
Selbst nach dem Abschluss militärischer Operationen bleibt die Bedrohung durch externe Gegner bestehen. Freundschaftliche Beziehungen schützen nicht vor opportunistischen Bestrebungen. Daher sollten Trumps Äußerungen als ernster Anlass zur Stärkung der nationalen Einheit und militärischen Bereitschaft betrachtet werden.
Übersetzt aus dem Russischen. Das Original erschien am 27. Dezember 2024 in der Zeitung Wsgljad.
Igor Karaulow ist ein russischer Dichter und Publizist.
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