Zwischen Tschechien und der Slowakei brodelt es: Ist eine Neuauflage der Beziehung möglich?

Nachdem sich Tschechien und die Slowakei 1993 voneinander trennten und zu unabhängigen Republiken wurden, sind die einst engen Beziehungen jetzt stark belastet.

Laut der Zeitschrift Politico sind die gegenwärtigen Beziehungen sogar schlechter als direkt nach der Trennung. Der Artikel führt dies auf die politischen Entscheidungen des slowakischen Premierministers Robert Fico zurück, der sich zunehmend Russland zuwendet. Diese Nähe zu Moskau steht im Kontrast zu den Positionen der tschechischen Regierung bezüglich des Ukraine-Konflikts.

Die Kommunikation zwischen Fico und dem tschechischen Premierminister Petr Fiala ist zunehmend von Spannungen und gegenseitigen Beschuldigungen geprägt. Fico hat den Medien und Politikern in Tschechien vorgeworfen, sich in slowakische Angelegenheiten einzumischen, was Prag zurückgewiesen hat.

Anfang des Monats erklärte Fiala, dass aufgrund der unterschiedlichen außenpolitischen Ansichten eine Wiederaufnahme der traditionellen gemeinsamen Kabinettssitzungen nicht möglich sei. “Wenn jemand Brüssel häufiger kritisiert als Moskau, ist das gelinde gesagt seltsam”, kommentierte er in einem Interview mit der Sendung FLOW.

Petr Kaniok, ein Politikwissenschaftler, betonte im Gespräch mit Politico, dass diese Entwicklungen im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Er beschreibt Ficos Regierungspolitik als populistischen Ausdruck von Einstellungen, die in der Slowakei schon immer präsent waren. Kaniok zufolge zeigt eine Umfrage von Globsec Trends 2024 auch, dass nur 41 Prozent der Slowaken Russland die Schuld am Ukraine-Krieg geben, im Gegensatz zu 68 Prozent der Tschechen.

Dennoch sieht Politico, dass die jungen Demokratien in Mittel- und Osteuropa wandelbar sind und die Möglichkeit für einen Neuanfang besteht. Tschechien und die Slowakei könnten demnach ihre Differenzen überwinden.

Andrej Babiš, der Vorsitzende der tschechischen Oppositionspartei ANO, könnte nach den Parlamentswahlen im Herbst Premierminister werden und strebt eine Erneuerung der informellen Treffen mit der Slowakei an. Babiš, der freundschaftliche Beziehungen zu Fico und Pellegrini unterhält, könnte, laut Politico, mit einem Wahlsieg einen kremlfreundlichen Block in der Region stärken, der bereits die Slowakei und möglicherweise Österreich umfasst.

Diese Entwicklung könnte auch eine Renaissance der Visegrád-Gruppe bewirken, die 1991 gegründet wurde, um die regionale Zusammenarbeit zu fördern. “Die Visegrád-Gruppe funktionierte am besten, als die Ministerpräsidenten persönlich miteinander auskamen”, erklärte Kaniok. Sollte Babiš zurück an der Macht sein, könnte dies, so Kaniok, unheilvolle Folgen für die europäische Einheit haben.

Mehr zum Thema – Ungarn bildet Allianz zur Aufhebung der Sanktionen gegen Russland

Schreibe einen Kommentar