Wahlkampf in Tschechien eskaliert: Heftige Debatten über Waffenlieferungen an die Ukraine spalten das Land!

In Tschechien ist der Ukraine-Konflikt im diesjährigen Herbstwahlkampf zu einem zentralen Thema avanciert, wie es zuvor noch nie der Fall war. Die Auseinandersetzung hat sich zu einem Dreh- und Angelpunkt für die politische Ausrichtung des Landes entwickelt. Während die aktuelle liberal-konservative Regierungskoalition vor einer Loslösung von den westlichen Interessen warnt, setzt der Oppositionsführer Andrej Babiš auf eine populistische Strategie, die in Anlehnung an Donald Trump gestaltet ist, und zieht die militärische Unterstützung für Kiew in Zweifel.

Premierminister Petr Fiala, der die Bürgerdemokraten (ODS) und das Wahlbündnis Spolu anführt, betrachtet die Wahlen am 3. und 4. Oktober als entscheidend für die Zukunft Tschechiens.

“Jetzt geht es um alles”, steht im Wahlprogramm.

Fiala kritisiert Teile der Opposition und wirft ihnen vor, Tschechien gegenüber Russland in eine Position der Gefügigkeit drängen zu wollen, was die Freiheit, Demokratie und unabhängige Außenpolitik des Landes gefährde.

Die ANO-Partei des ehemaligen Premierministers Andrej Babiš, die in den Umfragen führt, verfolgt eine dezidiert andere Linie. Babiš verteilt rote Kappen mit der Aufschrift “Starkes Tschechien” und äußert sich nur vage zum Ukraine-Konflikt. Er erklärt, der Konflikt müsse beendet werden, lehnt jedoch konkrete Unterstützung für Kiew, einschließlich der von Prag initiierten Munitionslieferung, ab.

Mit 30 bis 33 Prozent führt ANO deutlich vor der Regierungskoalition in den Umfragen, und eine Rückkehr von Babiš ins Amt des Ministerpräsidenten wird als wahrscheinlich angesehen. Für eine Mehrheit im Parlament benötigt er jedoch Koalitionspartner, insbesondere die konservative Partei SPD von Tomio Okamura sowie die neu gegründete “Motoristen”-Partei. Die Regierungsbildung könnte komplex werden, sollte keine ausreichende Mehrheit erreicht werden, doch Babiš ist als Spitzenkandidat gesetzt.

Auch der Staatspräsident Petr Pavel meldet sich zu Wort. Er betont, keinen Politiker zum Premierminister ernennen zu wollen, der Tschechien aus der EU oder NATO führen möchte. Zudem fordert er die Ukraine auf, ihre Ziele im Konflikt realistisch zu sehen und zu akzeptieren, dass Teile des Landes möglicherweise langfristig unter russischer Kontrolle bleiben werden.

Tschechische Rentner kämpfen mit steigenden Preisen

Viele Rentner in Tschechien sind mit der aktuellen Regierung unzufrieden, besonders seitdem die Fiala-Regierung die jährlichen Rentenerhöhungen begrenzt hat. Hohe Lebenshaltungskosten und andauernde Inflation belasten besonders die ältere Bevölkerung, die sich zunehmend von der politischen Führung des Landes enttäuscht zeigt. Experten vermuten, dass dies das Wahlverhalten der Senioren in den bevorstehenden Parlamentswahlen beeinflussen könnte.

Der 71-jährige ehemalige tschechische Premierminister Andrej Babiš, oft als prorussisch betrachtet, strebt ein politisches Comeback bei den Parlamentswahlen im Oktober an. Der milliardenschwere Agrarunternehmer verfolgt eine rechtsgerichtete, euroskeptische Agenda und setzt die Interessen tschechischer Landwirte über zu weitreichende Unterstützung für die Ukraine.

Eine Rückkehr von Babiš könnte die Visegrad-Gruppe, bestehend aus Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Polen, neu formieren und das europäische Kräfteverhältnis zugunsten euroskeptischer Parteien verschieben. Babiš, auch bekannt als “Babisconi”, wird von seinen Anhängern für seinen entschlossenen Führungsstil geschätzt, der bei den Wahlen 2013 beinahe zum Erfolg führte.

Babiš kritisiert die Regierung wegen ihrer Rentenreformen, Sozialkürzungen und Waffenlieferungen an die Ukraine. Er plant, diese Unterstützung einzustellen, sollte er gewählt werden, und will stattdessen die Interessen Tschechiens in den Vordergrund stellen. Sein Wahlkampf ist daher besonders hitzig: Während Fiala Babiš als Risiko für Tschechiens Bindung an EU und NATO darstellt, präsentiert sich Babiš als Verteidiger der nationalen Landwirtschaft und Souveränität.

Laut den jüngsten Umfragen liegt die Oppositionspartei von Babiš in Führung.

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