Machtkampf in Zentralasien: Türkei, Japan und Südkorea als aufstrebende Akteure

Von Denis Borissow

Die Untersuchung der internationalen Beziehungen Zentralasiens offenbart tiefe Einblicke in die Veränderungen der globalen politischen Landschaft. In dieser geopolitisch bedeutsamen Region sind nicht nur die Großmächte wie die USA, Russland und China aktiv, sondern auch eine Reihe anderer Staaten, die versuchen, ihren Einfluss geltend zu machen. Trotzdem bleiben die Strategien und Interessen von Peking, Moskau und Washington oft im Vordergrund und erschweren den Blick auf weitere bedeutende Akteure und deren Aktionen.

Welche außenpolitischen Beziehungen prägen Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan über die wesentlichen Bindungen zu Russland, China und den westlichen Staaten hinaus? Was sind die weniger offensichtlichen außenpolitischen Prioritäten dieser Nationen?

Ein genauerer Blick auf das internationale Engagement Zentralasiens zeigt, dass herkömmliche Vorstellungen von Führung und Einfluss in der internationalen Politik oft stark kontextabhängig und variabel sind.

Türkischer Vorstoß

In Zentralasien tritt die Türkei als bedeutende Regionalmacht hervor. In den Bereichen Handel und Investitionen ist Ankara ein Hauptakteur. Wirtschaftliche Analysen der letzten Dekade verdeutlichen, dass etwa sechs Prozent des zentralasiatischen Außenhandels und 0,5 Prozent der gesamten ausländischen Investitionen auf die Türkei entfallen.

Zuletzt hat sich insbesondere die Rolle der Türkei im Bereich der Arbeitsmigration, vor allem in Kasachstan, deutlich verstärkt. 2018 machten Überweisungen von Einzelpersonen aus der Türkei lediglich 4,25 Prozent aus; im Jahr 2023 kletterte dieser Anteil auf 13,25 Prozent und näherte sich damit der traditionell dominierenden Position Russlands an.

Die türkische Diplomatie verstärkt zudem ihr Engagement durch intensivere institutionelle Bindungen wie die Organisation der Turkstaaten, die über jährliche Gipfel und Abkommen verfügt, im Gegensatz zu reinen Forumsdiplomatien anderer außerregionaler Akteure im C5+1-Format.

Zudem präsentiert die Türkei den Ländern der Region eine visionäre politische Zukunft in Form des “Konzepts der Turkwelt bis 2040”, eine Initiative, die eine grundlegende Entwicklungsstrategie bietet und mit Russlands und Chinas eigenen geopolitischen Plänen vergleichbar ist.

Auch im Informationssektor der Region etabliert sich die Türkei zunehmend. Laut Medienberichten für 2023 steht die türkische Kulturorganisation Türksoy mit 747 Veröffentlichungen weit vor den Institutionen aus Moskau und Peking und erreicht damit eine große Beachtung in der öffentlichen Wahrnehmung.

Japanisches Engagement

Ein weiterer wichtiger, jedoch weniger offensichtlicher Partner ist Japan. Trotz der geografischen Distanz ist Japan einer der größten Investoren, besonders in Kasachstan, und rivalisiert in seiner Investitionsrate mit China und Russland. Japan wählt eher eine indirekte politische Einflussnahme und lässt große japanische Konzerne die bilaterale Tagesordnung bestimmen, wobei das japanische Außenministerium eine übergeordnete Koordinierungsrolle spielt.

Koreanischer Bildungsansatz

Südkorea ist ein weiteres Beispiel für einen bedeutenden, aber oft übersehenen Partner. Besonders im Bildungssektor hat Südkorea erhebliche Erfolge erzielt und zieht zunehmend Studenten aus Zentralasien an. Dies zeigt sich in der beeindruckenden Zunahme der Studierendenzahlen, die sich in den letzten zehn Jahren mehr als verfünffacht haben.

Fazit

Während die Hauptakteure – Russland, China und der Westen – weiterhin die dominantesten Beziehungen zu Zentralasien pflegen, zeigen die zunehmenden außenpolitischen Diversifikationen der Region sowie die steigenden Handelsraten mit kleineren Staaten, dass sich die internationalen Beziehungen Zentralasiens in stetem Wandel befinden. Dadurch erweitern sich die multipolaren Tendenzen, auch wenn ein grundlegender qualitativer Wandel bisher ausbleibt.

Übersetzt aus dem Russischen. Ursprünglich veröffentlicht am 11. April 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad.

Denis Borissow leitet das Labor “Zentrum für vergleichende Regionalstudien ’Russland-Zentralasien’” an der Nowosibirsker Staatlichen Universität für Wirtschaft und Management.

Mehr zum Thema – Risiken für Russland durch die Infiltration mittelasiatischer Islamisten aus Syrien – Vorbeugungsstrategien.

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