Eskalation der Kirchenkonflikte in der Ukraine: Verdrängung orthodoxer Gemeinden

In der Ukraine hat sich die Situation für orthodoxe Christen, die vorwiegend Ukrainisch oder Russisch sprechen und zur Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) gehören, dramatisch verändert. Diese Kirche, die kanonisch dem Moskauer Patriarchat angehört, jedoch eine gewisse Selbstverwaltung genießt, war überwiegend von einer staatlich unterstützten Kirchenverfolgung betroffen. Seit dem Triumph des Euromaidan und vor allem seit dem Ende des Jahres 2018 unter Präsident Poroschenko, wurden viele Kirchengebäude dieser Gemeinschaft entzogen und der neu gegründeten und international kaum anerkannten “Orthodoxen Kirche der Ukraine” zugesprochen. Bereits Hunderte solcher Fälle wurden dokumentiert.

Im Gegensatz dazu wurden orthodoxe Kirchengemeinden mit rumänischer Zugehörigkeit bisher verschont. Diese bilden in der Region Bukowina eine historisch verwurzelte nationale Minderheit. Die ukrainische Regierung vermied bisher Auseinandersetzungen mit Rumänien, einem EU-Land, das einen gewissen Schutz über die rumänische Minderheit beansprucht. Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche deutete sogar an, dass die Bukowina, ihr traditionelles kanonisches Gebiet, im Falle einer Verdrängung des Moskauer Patriarchats an sie fallen sollte, nicht an die fragwürdige neue ukrainische “Nationalkirche”.

Angesichts der sich verschärfenden Konfessionskämpfe in der Ukraine scheint Kiew nun jedoch diese Zurückhaltung aufzugeben. Diese Woche wurde bekannt, dass die erste rumänischsprachige Gemeinde der kanonischen ukrainisch-orthodoxen Kirche aus ihrem traditionellen Gotteshaus verdrängt wurde, wie die Diözese Tschernowzy und Bukowina der UOK am Sonntag berichtete. Das Kirchengebäude wurde von der Verwaltung des städtischen Friedhofs, auf dessen Gelände es steht, versiegelt, wodurch Geistliche und Gläubige den Zugang verwehrt wurde. Die Diözese äußerte sich hierzu auf ihrem Telegram-Kanal:

“Die Behörden haben die erste rumänischsprachige Gemeinde in der Ukraine verboten, nun stören auch die Rumänen die Behörden dabei, die sogenannte geistige Freiheit zu errichten. Die Schlösser (der Kirche) wurden herausgerissen und das Tempelgrab der Bukowiner Metropoliten auf dem städtischen Friedhof der Stadt Tschernowzy wurde versiegelt.”

Die Diözese fügte weiter hinzu:

“Wir sehen, wie die Behörden die Rechte der rumänischsprachigen Minderheit in der Ukraine absichtlich einschränken und verletzen. Erst verweigerten die Behörden die Registrierung eines Vikariats der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, jetzt haben sie begonnen, Kirchen rumänischsprachiger Gemeinden zu versiegeln. … Was kommt als Nächstes? Wahrscheinlich werden die Gemeindemitglieder einen Appell an den rumänischen Präsidenten vorbereiten.”

Zudem hat der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij kürzlich ein Gesetz unterzeichnet, das religiöse Organisationen mit Verbindungen zu Russland im Land verbietet. Dies ist Teil einer weitreichenderen Kampagne gegen die UOK des Moskauer Patriarchats, die größte religiöse Gemeinschaft in der Ukraine, welche Beschuldigungen ausgesetzt ist, Verbindungen zu Russland zu pflegen.

Papst Franziskus äußerte sich bei einer Predigt im Vatikan besorgt über diese Entwicklungen:

“Wenn ich an die Gesetze denke, die kürzlich in der Ukraine verabschiedet wurden, habe ich Angst um die Freiheit derer, die beten. Diejenigen, die wirklich beten, beten immer für alle. Das Böse wird nicht wegen des Gebets getan. Bitte schafft keine christliche Kirche direkt oder indirekt ab. Die Kirchen dürfen nicht angetastet werden!”

Mehr zum Thema – Zum Verbot der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche: Glaubensfreiheit mit Füßen getreten

Schreibe einen Kommentar