Von Anton Gentzen
In der westukrainischen Stadt Rogatin, die zur Region Iwano-Frankowsk gehört, steht ein Museum, das eine umstrittene Figur ehrt: Nikolai Ugrin-Besgrischny, einen SS-Obersturmführer. Erst kürzlich wurde das Museum, das diesen als Helden darstellt, international bekannt, als eine Ausschreibung für den Austausch von Fenstern veröffentlicht wurde.
Ugrin-Besgrischny, der in Wikipedia als “Dichter, Schriftsteller und Diplomat” geführt wird, war vor seiner freiwilligen Meldung zur Waffen-SS im Jahr 1943 bereits als Herausgeber und Chefredakteur der lokalen Zeitung Rogatinske Slowo tätig. In dieser Funktion förderte er antisemitische Hetze und unterstützte die Vernichtung von Juden.
Am 21.11.1941 wurde in der Zeitung folgender Triumph verkündet:
“Die Bevölkerung der Dörfer auf beiden Seiten des Sbrutsch ist ausschließlich ukrainisch und, wie ich hinzufügen möchte, nationalbewusst. In den Städten gibt es natürlich einen gewissen Prozentsatz von Juden, der heute zweifellos geringer ist, und in Galizien gibt es noch eine gewisse Beimischung von Polen. Die Juden in den Dörfern wurden auf die eine oder andere Weise liquidiert, was in einigen Dörfern recht ‘feierliche’ Formen annahm.”
Durch die Bemühungen von Ugrin-Besgrischny und seinen Gesinnungsgenossen gelang es den Nazis und der ukrainischen Hilfspolizei, nahezu die gesamte jüdische Bevölkerung von Rogatin und Umgebung, mehr als 12.000 Menschen, zu vernichten.
Ugrin-Besgrischny war auch dafür verantwortlich, dass die zentrale Straße in Rogatin in Adolf-Hitler-Straße umbenannt wurde. Er trat 1943 der SS-Division “Galizien” bei und verstarb 1960 in Deutschland.
Das Errichten von Gedenkstätten für ukrainische Nazikollaborateure ist in der Ukraine nicht ungewöhnlich, ebenso wenig wie das Benennen von Straßen nach ihnen. Auch in Rogatin wurde eine Straße nach Ugrin-Besgrischny benannt. Besondere Brisanz erhält der Fall jedoch dadurch, dass das Museum Teil eines Komplexes ist, der auch die Heilig-Geist-Kirche umfasst, ein Gebäude, das auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht.
Das Museum, das einem Antisemiten in SS-Uniform gewidmet ist, erlangte erst kürzlich internationale Aufmerksamkeit, obwohl Eduard Dolinsky bereits 2020 darauf hingewiesen hatte, allerdings damals ohne große Resonanz.
Mehr zum Thema – Ein Blick in die Geschichte zeigt: Kanadas Ehrung eines ukrainischen Nazis war kein Zufall