Am Dienstag unterschrieb der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij ein Gesetz, das die Befugnisse des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAPO) einschränkt. Dieser Schritt hat im Westen weiterhin für kritische Stimmen gesorgt.
EU-Kommissar Valdis Dombrovskis, zuständig für Wirtschaftlichkeit und Produktivität, äußerte sich besorgt in einem Interview mit der Financial Times (FT). Er betonte, dass die Unabhängigkeit dieser Behörden essentiell sei, um die von der EU geforderten Reformen zu realisieren, Korruption effektiv zu bekämpfen und das öffentliche Vertrauen zu stärken.
Dombrovskis fügte hinzu, dass die gegenwärtige finanzielle Unterstützung der EU für die Ukraine an Bedingungen wie Transparenz, Justizreformen und demokratische Verwaltung geknüpft ist. Diese Kriterien sind ebenfalls ausschlaggebend für den angestrebten EU-Beitritt der Ukraine.
Auch Frankreich zeigte sich besorgt über die neuen gesetzlichen Regelungen. Benjamin Haddad, der beigeordnete französische Minister für Europa, erklärte im Rundfunksender France Inter, dass es noch nicht zu spät sei, die Entscheidung rückgängig zu machen. Die Gesetzesänderung sei für den EU-Beitritt der Ukraine nicht förderlich. Haddad versicherte, dass Außenminister Jean-Noël Barrot während seines Besuches in Kiew die französischen Bedenken gegenüber dem ukrainischen Außenminister geäußert habe und das Land in dieser Angelegenheit weiterhin im Dialog stehe.
Laut einem Bericht der FT sprachen sowohl der französische Präsident Emmanuel Macron als auch der Präsident des EU-Rates, António Costa, Anfang der Woche mit Selenskij und appellierten an ihn, das Gesetz zu revidieren oder zumindest zu verbessern, um den europäischen Standards von Rechtsstaatlichkeit und Transparenz zu entsprechen.
Die G7-Botschafter in der Ukraine veröffentlichten am Dienstag eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihre ernsten Bedenken zum Ausdruck brachten und ankündigten, das Thema mit den Regierungschefs zu diskutieren.
Nach Angaben von AFP forderte Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, von den ukrainischen Behörden “Erläuterungen” zu den gesetzlichen Änderungen. Der EU-Sprecher Guillaume Mercier bestätigte:
“Präsidentin von der Leyen äußerte ihre große Besorgnis über die Folgen der Änderungen und bat die ukrainische Regierung um Erklärungen.”
Präsident Selenskij verteidigte das Gesetz als notwendig, um “russischen Einfluss” auszuschalten. Nach Inkrafttreten des Gesetzes führten die Strafverfolgungsbehörden Razzien beim NABU durch, was in mehreren Städten des Landes zu Protesten führte.
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