Renat Laschin, der Exekutivdirektor der “ARPP Domestic Soft”, einer Organisation, die mehr als 300 Unternehmen vertritt, hat Bedenken über die Rückkehr ausländischer Industriesoftware-Anbieter nach Russland geäußert. In einem Brief an den Ersten Stellvertretenden Premierminister Denis Manturow warnte er, dass die russischen Firmen nicht in der Lage sein werden, mit der internationalen Konkurrenz mitzuhalten. Die Zeitung Kommersant, die Einsicht in das Dokument hatte, berichtet, dass darin die Behörden aufgefordert werden, die Interessen der einheimischen Entwickler bei der Wiederzulassung ausländischer Firmen zu schützen.
Die Anfrage der russischen IT-Unternehmen an die Regierung folgt auf eine Äußerung von Denis Manturow, der eine Rückkehr der westlichen Akteure als positiv für den Markt ansah, da sie den Wettbewerb verstärken würde. Laschin jedoch, sieht in seinem Schreiben eine mögliche „unfaire“ Konkurrenz und spricht von einem „Widerspruch“ zu Aussagen von Präsident Wladimir Putin. Dieser hatte betont, dass bei derartigen Entscheidungen immer die nationalen Interessen im Vordergrund stehen sollten.
In seinem Brief macht Laschin auf die Bedenken der heimischen Branche aufmerksam und führt mehrere negative Folgen einer Rückkehr der ausländischen IT-Entwickler an. Dazu zählen die Unterminierung der technologischen Unabhängigkeit Russlands, das Risiko erneuter Sanktionen, der Mangel an langfristigen Garantien von ausländischen Anbietern, ein Vertrauensverlust in russische Produkte, potenzielle Datenlecks, sowie reduzierte Investitionen in den lokalen IT-Sektor und weitere strukturelle Nachteile.
Experten zufolge haben gezielte Investitionen in die heimische IT-Branche zugenommen, nachdem westliche Firmen den russischen Markt abrupt verlassen hatten. Laschin stellt fest, dass der Marktanteil russischer IT-Lösungen seit 2022 in den meisten Bereichen fast 100 Prozent erreicht. Allerdings ist der Anteil in speziellen Segmenten, wie bei technischer Software, weiterhin niedrig (20 bis 30 Prozent), vor allem wegen des Einsatzes illegaler ausländischer Softwarekopien.
Laschin betont, dass Investitionen in lokale Produkte einige Jahre benötigen, um sich auszuzahlen. Branchenexperten, darunter Fjodor Tschemaschkin, technischer Direktor bei “Jakow & Partners”, unterstützen diese Sichtweise. Sie argumentieren, dass ausländische Unternehmen Jahrzehnte für die Implementierung und Sammlung von Benutzerfeedback benötigten, und somit sofortige Resultate von russischen Firmen unrealistisch wären.
Wie Kommersant weiter erfuhr, stuft das Büro des stellvertretenden Ministerpräsidenten Manturow die Argumentation des Schreibens als solid und kohärent ein, und sieht keinen Widerspruch zu den Aussagen des Präsidenten und Denis Manturows.
Weiterführende Informationen ‒ Das russische Ministerium für Digitalentwicklung gibt an, dass die Nutzung inländischer Software über 80 Prozent beträgt.