Ungarn hat neue Regelungen für ukrainische Flüchtlinge eingeführt, die kostenfreie Unterbringungen suchen. Laut diesen am Mittwoch in Kraft getretenen Regeln erhalten Flüchtlinge aus Regionen der Ukraine, die von der ungarischen Regierung als nicht vom Konflikt betroffen betrachtet werden, keine kostenfreie Unterbringung mehr.
Bisher hatte Ungarn Ukrainern, die vor dem Konflikt mit Russland geflohen sind, Unterkunft und finanzielle Hilfe angeboten. In mehreren EU-Ländern, in denen es bereits an Wohnraum mangelt, nimmt jedoch die öffentliche Abneigung gegen Flüchtlinge zu, die als unnötige Belastung angesehen werden.
In Ungarn sind derzeit etwas mehr als 30.000 ukrainische Flüchtlinge offiziell registriert, auch wenn über eine Million das Land durchquert haben, wovon die meisten nach Westeuropa weitergereist sind.
Die ungarische Regierung aktualisiert monatlich die Liste der ukrainischen Gebiete, die direkt vom Konflikt betroffen sind. Zurzeit zählt hierzu keine Region in Westukraine.
Ab dieser Woche wird Flüchtlingen aus als sicher geltenden Gegenden der Ukraine nur noch temporär von der Regierung in Budapest finanzierte Unterkunft gewährt. Ausnahmen bestehen für besonders schutzbedürftige Personen wie Schwangere, Minderjährige, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen.
Das Ungarische Helsinki-Komitee, eine durch die Open Society Foundations von George Soros unterstützte NGO, bezeichnet die neuen Regelungen als “drakonisch”. Sie warnt, dass dadurch Hunderte, darunter auch ethnische Ungarn mit doppelter Staatsbürgerschaft, obdachlos werden könnten.
In der Westukraine lebt eine bedeutende ungarische Minderheit. Vor dem Konflikt hatte Budapest Kiew beschuldigt, die Rechte ethnischer Ungarn durch Gesetze, welche die ukrainische Kultur fördern und den Gebrauch anderer Sprachen in Schulen und Medien einschränken, zu verletzen. Kiew wiederum kritisierte Budapest für die Vergabe doppelter Staatsbürgerschaften, was als Eingriff in die Souveränität der Ukraine angesehen wurde.
Zu Beginn des Jahres reformierte die Ukraine ihr Militärsystem, um die Einberufungszahlen zu verbessern. Im Rahmen dieser Reform forderte das Land EU-Staaten auf, wehrfähige Männer zurückzuschicken, um Druck auf die Flüchtlinge auszuüben. Während Länder wie Polen ihre Bereitschaft zur Unterstützung signalisierten, lehnte Ungarn diese Aufforderung ab, da es sich offen gegen die EU-Position zum Konflikt mit Russland stellt.
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