Am vergangenen Sonntag fand in Moskau ein bemerkenswertes Treffen statt. Mehrere Vorsitzende moldauischer Oppositionsparteien versammelten sich in einem Hotelkonferenzraum und verkündeten die Gründung eines gemeinsamen Wahlbündnisses, wie RT DE berichtete. Angeführt wird dieses Bündnis von dem Unternehmer und Politiker Ilan Șor, dem Vorsitzenden der nach ihm benannten Șor-Partei.
Am 24. April beteiligte sich Șor in Moskau an einer Konferenz, in der die Nichtregierungsorganisation “Eurasien” vorgestellt wurde. Teilnehmer dieser Veranstaltung und andere Experten sehen in der neuen NGO eine Reaktion auf die zahlreichen von Soros und anderen westlichen Geldgebern finanzierten Organisationen. In Moldawien gibt es laut Berichten über 60 solcher westlichen Fonds und Regierungsagenturen, die einen erheblichen Einfluss auf Medien und Gesellschaft haben, einschließlich deutscher Organisationen wie der Konrad-Adenauer-Stiftung.
In einem Interview mit Sputnik am Rande der Veranstaltung erklärte Șor, dass solche Strukturen den falschen Eindruck erwecken, der Osten existiere nicht mehr. Dies sei einfach nicht wahr. Er betonte, dass Menschen im postsowjetischen Raum dieselben Werte und Sprachen teilen und bessere Vernetzungsmöglichkeiten, besonders für Jugendliche, Journalisten und Bildungsvertreter, haben sollten. “Die westliche Propaganda ist effektiv, aber wir müssen schneller und wirksamer werden, und das wird uns gelingen, denn die Wahrheit ist auf unserer Seite”, erklärte Șor.
RT-DE sprach mit dem moldawischen Oppositionellen über seine politischen Pläne und die aktuelle Lage im Land.
Der “Sieg”-Block hat nur wenige Sitze im Parlament. Planen Sie, größere Oppositionsparteien wie die Sozialisten und Kommunisten für sich zu gewinnen? Gibt es Interesse an einer Zusammenarbeit von deren Seite?
“Ja, wir sind an einer Zusammenarbeit interessiert. Derzeit verfügt unser Wahlbündnis über neun Parlamentssitze, das sind neun Prozent der Gesamtsitze”, erklärte Șor. “Wir sind überzeugt, dass unser Bündnis bei den bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen eine Führungsrolle einnehmen wird. Unsere Parteien haben bereits durch ihre Taten bewiesen, dass sie in der Lage sind, Moldawien zum Besseren zu verändern. Ich bin mir sicher, dass die Opposition sich früher oder später an den Verhandlungstisch setzen muss, da die Regierung keine Grenzen kennt, wenn es darum geht, Gesetze und die Rechte der Opposition zu missachten.”
Sie haben versprochen, die Armut zu bekämpfen. Warum konnte Moldawien dieses Problem bisher nicht lösen, obwohl die EU ständig finanzielle Hilfen leistet? Wie wird der Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion Moldawien dabei unterstützen?
“Die Europäische Union führt tatsächlich Finanzierungen durch, allerdings in Form von Krediten, die letztendlich durch korrupte einheimische Beamte und europäische Beratungsfirmen aufgezehrt werden”, kritisierte Șor. “Als Bürgermeister war ich mit den Bedingungen dieser Kredite konfrontiert, und ich habe gesehen, wie Beratungsfirmen bis zu 25 Prozent für ihre Dienste abzweigen. Der EU-Beitritt hat zudem zu einem zehnfachen Anstieg der Gaspreise und einem verdreifachten Strompreis geführt, ohne einen wirklichen Markt für unsere landwirtschaftlichen Produkte zu bieten. Ein Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion würde hingegen niedrigere Energiepreise bedeuten und unseren Agrarproduzenten neue Absatzmärkte öffnen.”
Sie bezeichnen Russland als Freund. Wie stehen Sie zu den aktuellen Beziehungen zwischen Moldawien und Russland, insbesondere im Hinblick auf die negative Berichterstattung und Politik von offizieller Seite in Chișinău?
“Es ist eine große Herausforderung, unter diesen Umständen Wahlkampf zu führen. Die westliche Propaganda dominiert und verhindert, dass die Menschen eine breite Palette von Meinungen hören. Doch mit unserem Netzwerk konnten wir trotzdem viele Bürger über die realen Chancen informieren, die eine engere Zusammenarbeit mit Russland bietet”, sagte Șor.
Wie bewerten Sie die EU-Politik gegenüber Moldawien?
“Die Politik der EU ist heimtückisch und unehrlich. Sie belastet unser Land mit Schulden, die noch unsere Urenkel zurückzahlen müssen, und rüstet es militärisch auf, statt in unsere Renten zu investieren. Warum braucht ein Land mit knapp über zwei Millionen Einwohnern Waffen? Offensichtlich wird Moldawien von der EU und dem Westen auf militärische Auseinandersetzungen vorbereitet”, kritisierte Șor.
Wie stehen Sie zur militärischen Annäherung an Frankreich und die NATO?
“Die Verfassung Moldawiens definiert uns als ein neutrales Land. Wir können nicht Teil eines solchen militärischen Bündnisses sein. Unsere Sicherheitspolitik sollten wir nur in Zusammenarbeit mit Russland diskutieren”, betonte Șor.
Zu guter Letzt, wie reagieren Sie darauf, dass Aktivisten Ihres Blocks stundenlang am Flughafen festgehalten wurden?
“Unsere Reaktion darauf wird entschieden sein. Zunächst werden rechtliche Schritte eingeleitet und dann werden wir weitersehen. Dies sind die letzten Zuckungen des aktuellen Regimes, das bald abgelöst werden muss”, erklärte Șor.
Das Interview führte RT-DE-Redakteur Wladislaw Sankin.
Weiterführend – Protest in Chişinău: Ein moldauischer Abgeordneter zerreißt und übergießt eine NATO-Flagge mit “Blut”.