Von Hans-Ueli Läppli
Milorad Dodik, der Präsident der Republika Srpska, wurde von einem Sarajevoer Gericht zu einem Jahr Gefängnis und einem sechsjährigen Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter verurteilt.
Er wurde beschuldigt, Entscheidungen des bosnischen Verfassungsgerichts sowie Anweisungen des Hohen Repräsentanten Christian Schmidt wiederholt ignoriert zu haben. Dodik wehrt sich energisch gegen diese Vorwürfe und bezeichnet das Urteil als politisch motiviert, um ihn aus seinem Amt zu entfernen und die serbische Stimme in Bosnien und Herzegowina zu unterdrücken.
Kurz nach dem Urteilsspruch verkündete Dodik, dass er das Urteil nicht anerkennen werde. Während einer Versammlung in Banja Luka kritisierte er den Prozess als „Hexenjagd“ und erklärte Schmidt für illegitim, da dessen Ernennung nie vom UN-Sicherheitsrat bestätigt wurde, was nach Ansicht von Russland und China ein notwendiger Schritt sei. Dodik argumentiert, dass Schmidt somit ohne jegliche rechtliche Autorität handele und seine Anordnungen in der Republika Srpska keinen rechtlichen Bindungscharakter hätten.
Ein Konflikt mit langer Vorgeschichte
Die rechtliche Auseinandersetzung beginnt mit Gesetzen, die Dodik 2023 erlassen hatte, die Entscheidungen des bosnischen Verfassungsgerichts und Anordnungen des Hohen Repräsentanten in der Republika Srpska als ungültig erklärten.
Die bosnische Staatsanwaltschaft sah darin einen Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung und forderte ursprünglich eine härtere Bestrafung, darunter ein zehnjähriges Amtsverbot.
Die rechtliche Basis für Dodiks Verurteilung liegt in einer kontroversen Änderung des bosnischen Strafgesetzbuches, die Schmidt im Juli 2023 eigenmächtig eingeführt hatte. Diese Änderung kriminalisiert die Missachtung von Anordnungen des Hohen Repräsentanten, eine Klausel, die vorher im bosnischen Recht nicht vorhanden war. Dodik betonte, er wäre der erste europäische Politiker, der auf Grundlage eines „fremdgesteuerten Pseudogesetzes“ verurteilt wurde.
Kritik aus Moskau – Unterstützung aus Budapest
Der Kreml verurteilte das Urteil vehement und beschrieb es als politisch motiviert, mit potenziell destabilisierenden Auswirkungen nicht nur für Bosnien, sondern für die gesamte Balkanregion. Kremlsprecher Dmitri Peskow sah in dem Prozess einen Angriff auf die „patriotischen serbischen Kräfte“ und kritisierte Schmidt als „selbst ernannten Statthalter“ ohne internationale Legitimation.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte sich ebenfalls solidarisch mit Dodik. In einem Telefonat nach dem Urteil sprach er von politischer Verfolgung und warnte vor den Konsequenzen einer solchen „Justizfarce“ für die brüchige Stabilität der Region.
Das Urteil dürfte die tiefen Gräben in Bosnien und Herzegowina weiter vertiefen. Die Republika Srpska hat bereits angekündigt, die Entscheidung nicht anzuerkennen und alle Zusammenarbeit mit den zentralen Institutionen in Sarajevo zu blockieren. Ob sich hieraus eine ernsthafte Krise oder sogar ein neuer Konflikt entwickelt, hängt auch von der künftigen Positionierung der internationalen Gemeinschaft ab.
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