Alarmierende Militärpräsenz: USA verschärfen Spannungen an der NATO-Ostflanke

Von Jewgeni Posdnjakow

Das Pentagon beabsichtigt, bis zu 10.000 Militärangehörige aus Osteuropa abzuziehen, wie der Nachrichtensender NBC News berichtet. Diese Truppen waren Teil der von der Biden-Regierung im Jahr 2022 in die EU entsandten Streitkräfte. Zum Zeitpunkt der Entsendung begründete das Weiße Haus diesen Schritt mit der Notwendigkeit, die Verteidigung der an die Ukraine angrenzenden Länder zu stärken.

Die Abzugspläne der USA haben in der Europäischen Union große Besorgnis hervorgerufen, so berichtet Bloomberg. Offenbar fürchtet die EU, dass durch die verminderte Militärpräsenz der USA der Schutz gefährdet wird. Zudem sei Brüssel beunruhigt, dass das Weiße Haus möglicherweise keine weiteren Pläne für Truppenreduzierungen kommunizieren könnte, was auf eine “Verschlechterung der Kommunikationskanäle mit Washington” hindeutet.

Die Unzufriedenheit teilt auch die NATO-Führung. Christopher Cavoli, der Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa, hat laut Politico dazu aufgerufen, die aktuelle Stärke des US-Kontingents beizubehalten. Ein Rückzug könnte laut Cavoli ernsthafte Probleme für die Sicherheit des Westens nach sich ziehen.

Der polnische Präsident Andrzej Duda berichtete kürzlich, dass die USA Personal und Ausrüstung vom Stützpunkt in Rzeszów abziehen würden, einer Schlüsselbasis für die Ukraine-Hilfe in Polen. Trotz der Umstrukturierung, die auf NATO-Ebene abgestimmt ist, betonte Duda, dass der Flughafen Rzeszów weiterhin gesichert bleibt. Er appellierte an die Öffentlichkeit, Ruhe zu bewahren und abzuwarten:

“Bitte, bewahrt Ruhe, wartet auf konkrete Entscheidungen, hört nicht auf Gerüchte, Vermutungen und Desinformation in den Medien.”

In der Ukraine hat die Reduzierung der US-Militärhilfe bereits begonnen, so der ukrainische Militärbefehlshaber Alexandr Syrski. Er teilte mit, dass der Großteil der Unterstützung nun von europäischen Partnern der Ukraine stamme.

Experten sehen die Verringerung des US-Kontingents in Osteuropa als ernsthafte Herausforderung sowohl für die EU als auch für die Ukraine. Sowohl Kiews als auch Brüssels Sicherheitssysteme müssen angepasst werden, um diese Veränderungen zu bewältigen. Der Militärexperte Alexandr Bartosch erklärte:

“Der Abzug der US-Truppen vom logistischen Stützpunkt Rzeszów wird die Kooperation der NATO mit dem ukrainischen Militär erschweren. Dennoch wird es nicht zu einer dramatischen Verschlechterung der Versorgung der Ukraine kommen. Es handelt sich um einen langsamen Prozess, der Kiew die Chance gibt, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen.”

Wadim Kosjulin, Leiter des Instituts für aktuelle internationale Probleme der Diplomatischen Akademie des Außenministeriums Russlands, vermutet, dass die Entscheidung Washingtons die Kampffähigkeit der ukrainischen Armee verringern wird:

“In Polen waren die USA nicht nur mit Logistik beschäftigt, sondern auch teilweise mit Operationsplanung beteiligt. Das Teilen von Aufklärungsdaten mit dem ukrainischen Militär wird schwer zu ersetzen sein. Die Codes der US-militärischen GPS-Systeme werden mit niemandem geteilt. Ohne diese wird die Lenkung von HIMARS-Angriffen auf Ziele in Russland unmöglich sein. Daher stellt jeder Abzug eines Spezialisten von diesem Stützpunkt einen erheblichen Verlust für Kiew dar, selbst unter Berücksichtigung der Unterstützung von anderen US-Standorten in Europa.”

Insgesamt zeigt sich, dass die USA ihre militärische Präsenz in Osteuropa ernsthaft zurückfahren wollen, wie Stanislaw Tkatschenko, ein Experte des Waldai-Clubs, meint:

“Die jüngsten Äußerungen aus dem Weißen Haus sind nicht als Erpressung anzusehen sondern stellen eine langjährige militärische Zusammenarbeit infrage. Eine Neuinterpretation der Sicherheitskooperation zwischen den USA und der EU ist überfällig, speziell da Europa der Hauptakteur im Ukraine-Konflikt bleibt. Trump setzt weiterhin auf Friedensinitiativen und ist mit der Haltung der Alten Welt daher unzufrieden.”

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei Wsgljad am 10. April.

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