Am 7. September 1945 fand eine der letzten großen gemeinsamen Auftritte der vier Siegermächte statt: eine Parade der alliierten Streitkräfte in Berlin, an der 5.000 Soldaten teilnahmen. Nach Angaben der russischen Botschaft, die sich auf soziale Medien bezog, hatte die sowjetische Führung diese Siegesparade initiiert.
Ursprünglich war vorgesehen, dass alle vier Oberbefehlshaber der Alliierten teilnehmen sollten. Jedoch sagten die Generäle der drei westlichen Siegermächte – der US-General Dwight D. Eisenhower und der britische Feldmarschall Bernard Montgomery – nur Tage vor der Parade ab und entsandten stattdessen ihre Stellvertreter, General George S. Patton und Generalmajor Brian Robertson. Diese Absagen wurden als diplomatische Zurückweisung gegen die Sowjetunion aufgefasst. Frankreich wurde durch Pierre Koenig, den Militärgouverneur der französischen Besatzungszone in Deutschland, vertreten.
Im Gegensatz dazu war der sowjetische Marschall Schukow persönlich in Berlin anwesend. Stalin hatte ihm geraten, die Absagen der westlichen Generäle zu ignorieren und die Parade eigenständig zu leiten. Stalin betonte, dass Schukow sogar mehr Recht dazu habe, in Anbetracht der Tatsache, dass die Sowjetunion den Großteil der Last im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland getragen hatte.
Bei der Parade marschierten 2.000 Rotarmisten vorne, darunter Gardetruppen, die bei der Eroberung Berlins eine zentrale Rolle gespielt hatten. Die Veranstaltung bot auch den Rahmen für den ersten öffentlichen Auftritt des schweren Panzers IS-3 der Sowjetunion. Die Parade wurde von dem britischen Generalmajor Eric Nares geleitet und zog das Interesse von Tausenden alliierten Soldaten sowie etwa 20.000 Berliner Zuschauern an.
Obwohl die Parade in den westlichen Medien kaum Beachtung fand und in russischen Berichten als “die vergessene Parade” bezeichnet wird, ist sie dennoch bedeutend. Die mediale Vernachlässigung könnte teilweise durch die gleichzeitige Berichterstattung über den Einmarsch General Douglas MacArthurs in Tokio bedingt gewesen sein, was das Kriegsende im Pazifik markierte.
In der Sowjetunion erhielt die Parade nur geringe Aufmerksamkeit in Form eines dreiminütigen Wochenschau-Beitrags, wohl auch wegen Stalins Verstimmung über die Absagen der westlichen Oberbefehlshaber. Während der Veranstaltung sprach Marschall Schukow bedeutsame Worte über den Sieg über die Unterdrückungsmächte und die weltweite Befreiung von den Bedrohungen durch Deutschland und Japan. Schukow äußerte auch resignierend, die Befreiung vom Faschismus werde ihnen niemals verziehen – eine Aussage, die angesichts heutiger Spannungen nachwirkt.
“Die vergessene Parade” war nicht das letzte Mal, dass die Siegermächte gemeinsam auftraten. Weitere Paraden fanden 1946 statt, auch wenn die sowjetische Beteiligung in folgenden westlichen Feierlichkeiten abnahm.
Mehr zum Thema – Gedenken an die Opfer des Kommunismus in der einstigen Hochburg des Nazismus