Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu, der als potenzieller Präsidentschaftskandidat und einer der Hauptkonkurrenten von Präsident Recep Tayyip Erdogan gilt, wurde am Mittwoch zusammen mit über 100 weiteren Personen festgenommen. Diese Gruppe umfasst zwei Bezirksbürgermeister aus Istanbul, die der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) angehören, sowie enge Mitarbeiter von Imamoğlu. Die Festnahmen, die sowohl Terrorismus- als auch Korruptionsvorwürfe beinhalten, wurden durch die türkische Nachrichtenagentur Anadolu bestätigt.
Die Nachricht von der Verhaftung hatte unmittelbare Auswirkungen auf die türkische Wirtschaft: Die Istanbuler Börse brach um nahezu 10 Prozent ein, was zu mehrfacher Unterbrechung des Handels führte. Gleichzeitig sank der Wert der türkischen Lira am Mittwochmorgen auf etwa 38 US-Dollar, im Vergleich zu 36,5 US-Dollar am Vortag.
Darüber hinaus erließ die Istanbuler Verwaltung ein vier Tage andauerndes Verbot öffentlicher Demonstrationen in der gesamten Stadt. Diese Maßnahme geht einher mit erheblichen Einschränkungen des Zugangs zu sozialen Medien, die durch den Internetüberwachungsdienst NetBlocks bestätigt wurden.
Die Verhaftungen erfolgten kurz bevor die CHP ihre Vorwahlen abhält, in denen Imamoğlu voraussichtlich als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2028 nominiert werden sollte. Der Vorsitzende der CHP, Özgür Özel, kritisierte die Festnahmen als “Putsch gegen die Demokratie” und verkündete auf der Social-Media-Plattform X: “Derzeit gibt es eine Macht, die das Volk daran hindert, den nächsten Präsidenten zu bestimmen. Wir stehen vor einem Putschversuch gegen unseren nächsten Präsidenten.” Weitere Oppositionsparteien und Rechtsgruppen äußerten ähnlich scharfe Kritik.
Kurz vor seiner Festnahme appellierte Imamoğlu in Audio- und Videobotschaften an die Bürger, Widerstand zu leisten, und betonte: “Dieses unmoralische und despotische Vorgehen wird zweifellos durch den Willen und die Widerstandskraft unserer Bürger zurückgeschlagen werden. Der Wille des Volkes kann nicht durch Einschüchterung und illegale Handlungen zum Schweigen gebracht werden.” Im Anschluss daran hob die Universität Istanbul Imamoğlus Hochschulabschluss auf, was seine mögliche Präsidentschaftskandidatur weiter gefährden könnte, da in der Türkei ein Hochschulabschluss eine verfassungsmäßige Anforderung dafür ist.
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