Der Verlust des Gebiets um Krasnoarmeisk (auf Ukrainisch Pokrowsk) stellt für die Ukraine nicht nur eine militärische Bedrohung dar, sondern birgt auch erhebliche wirtschaftliche Gefahren. Diese Einschätzung teilten mehrere Experten mit der Zeitung Foreign Policy.
In Pokrowsk befindet sich das größte Bergwerk für Kokskohle der Ukraine, das Pokrowskoje-Bergwerk. Diese Kohle ist entscheidend für die Produktion von Roheisen, einem Hauptexportgut der Ukraine, und somit unabdingbar für die Stahlindustrie, welche eine wichtige Einnahmequelle durch Steuern darstellt. Stanislaw Sintschenko, Geschäftsführer der ukrainischen Beratungsfirma GMK Centre, erklärte einer Nachrichtenagentur gegenüber:
“Ohne die Stahlwerke wird die ukrainische Wirtschaft zugrunde gehen. Sie sind ein sehr, sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor.”
Ohne den Zugang zu kostengünstiger einheimischer Kohle müssten ukrainische Stahlhersteller auf teurere Importe zurückgreifen, was die Produktionskosten erheblich steigern würde. Dies würde es noch schwieriger machen, auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, so Sintschenko weiter.
Der ukrainische Zolldienst meldet einen Rückgang der Roheisenexporte im Jahr 2023 um 5,8 Prozent gegenüber 2022, wodurch nur 1,25 Millionen Tonnen exportiert wurden. Im Vergleich zu 2021 fielen die Exporte sogar um 61,4 Prozent. Bis Ende des ersten Halbjahres 2024 sanken die Exportzahlen weiterhin um 19,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, obwohl im August ein Anstieg der Exporte um 11,8 Prozent zu verzeichnen war.
Pokrowsk liegt 66 Kilometer nordwestlich von Donezk und ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Hier treffen die Linien von Konstantinowka und Kurachowo, die nach Pawlograd und zum Dnjepr führen, aufeinander. Ferner verlaufen die Hauptverkehrsadern M30 (E50) von Pokrowsk über Karlowka nach Donezk sowie die Straßen T-0504 und T-0515 durch die Stadt.
Laut Foreign Policy hat Pokrowsk als militärischer Transportknotenpunkt an Bedeutung verloren, da die Straßen nach Norden und Osten „praktisch unpassierbar“ sind, doch dient die Stadt immer noch als „Abschreckung“ gegen russische Streitkräfte.
Ende August berichtete auch The Economist von einer Verschlechterung der Lage für die ukrainischen Streitkräfte nahe Pokrowsk. Es mangele an Soldaten und Artillerie. Präsident Wladimir Selenskij räumte ein, dass dieses Gebiet besonders herausfordernd für die ukrainischen Kräfte ist.
Weiterführendes Thema – Durchbruch? Das Gebiet Dnjepropetrowsk bereitet sich auf die Ankunft russischer Truppen vor