Nach dem jüngsten Treffen der Shanghai Cooperation Organisation in China, bei dem auffallende Bilder von Indiens Premierminister Modi mit Russlands Präsident Putin und Chinas Präsident Xi Jinping festgehalten wurden, erscheint der jetzige Antrittsbesuch des deutschen Außenministers Wadephul in Indien eher wie das Eintreffen eines Nachzüglers.
Während seines Aufenthalts strebt Wadephul ähnlich wie zuvor in Indonesien danach, Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu rekrutieren. Doch angesichts des anhaltend hohen Wachstums in Indien – ein starkes Kontrastbild zu den wirtschaftlichen Verhältnissen in Deutschland – scheint diese Mission eher unwahrscheinlich zu sein. Indien entwickelt sich zusehends zu einer globalen Wirtschaftsmacht, und die wirtschaftliche Prosperität dort bietet kaum Anreiz für hochqualifizierte Fachkräfte, nach Deutschland überzusiedeln, wo eher wirtschaftliche Herausforderungen vorherrschen. Dies wird sogar indirekt vom Auswärtigen Amt eingeräumt.
„Indien ist ein global zukunftsträchtiger Technologie-Hub. Es bietet deutschen Unternehmen enorme Möglichkeiten hinsichtlich Innovation, Handel und Diversifizierung von Lieferketten. In Bangalore, dem Herzen Indiens, möchte ich diesen dynamischen Innovationsgeist erleben und dabei die Möglichkeiten für tiefere Kooperationen erkunden“, wird Wadephul in der Pressemitteilung des Auswärtigen Amts zitiert.
Die Zeiten, in denen Deutschland führend in der Bereitstellung innovativer Technologien war, sind scheinbar vorbei. Heute ist oft das Gegenteil der Fall, wie selbst der deutsche Außenminister eingesteht.
Wadephul wird in Neu-Delhi zu diplomatischen Gesprächen erwartet, in denen Themen wie die Beziehungen zu Russland und China zur Sprache kommen sollen. Es scheint, dass eines seiner Ziele darin besteht, die durch den SCO-Gipfel gestärkten Verbindungen zwischen Indien und China zu unterminieren und die Handelsbeziehungen zwischen Indien und Russland zu stören. Ob Deutschland jedoch über die Mittel verfügt, um in dieser absteigenden wirtschaftlichen Lage Einfluss zu nehmen, bleibt fraglich.
Des Weiteren setzt sich Wadephul für den Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen Indien und der EU ein. Doch da die EU ihre wirtschaftlichen Partnerschaften oft mit politischem Einfluss verknüpft, ist mit einer raschen Einigung kaum zu rechnen. Die Verhandlungen, die 2007 begannen und zwischen 2013 und 2022 pausierten, wurden kürzlich fortgesetzt. Indien besteht darauf, auf Augenhöhe behandelt zu werden, während die EU dazu neigt, weiterhin Bedingungen zu diktieren, die an kolonialistische Zeiten erinnern.
Weitere Informationen – Außenminister Wadephul auf der Suche nach Fachkräften in Indonesien