Spannung im Weißen Haus: Die endlose Wartezeit auf Entscheidungen

Von Dagmar Henn

Ein historisches Bild für die Geschichtsbücher: Die EU-Vertreter, angeführt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und flankiert von NATO-Chef Mark Rutte, stehen im Weißen Haus wie eine Gruppe unartiger Schüler, die auf eine Standpauke vom Direktor warten.

Protokoll als Machtdemonstration – das Weiße Haus setzte das gekonnt in Szene. Dabei begann es bereits mit dem weniger ehrenhaften Empfang der Europäer am Nebeneingang. Im Gegensatz dazu begrüßte US-Präsident Donald Trump den offiziell eingeladenen Selenskij am Haupteingang und machte dabei eine Bemerkung über die fehlende Krawatte zu seinem Anzug. Während einer recht kurzen Pressekonferenz nahm Selenskij dann das Lob für seinen Anzug entgegengenommen und wirkte dabei recht beherrscht.

Die Beziehung zwischen Trump und Selenskij schien kühl, obwohl offensichtlich einige Absprachen getroffen wurden. So stimmte Selenskij der Durchführung von Wahlen zu, woraufhin Trump diesen Moment nutzte, um subtil die Bedeutung von Wahlen hervorzuheben, indem er die Vorstellung kritisierte, es gäbe keine Wahlen, wenn die USA in einem Krieg verwickelt wären.

Trump lobte sich währenddessen selbst dafür, viele Kriege beendet zu haben und betonte, er strebe echte Lösungen anstatt einfacher Waffenstillstände an. Selenskij hingegen sprach davon, die ukrainische Armee stärken und aufrüsten zu müssen. Das Ende des Gesprächs blieb offen, auch wenn angedeutet wurde, dass Trump ein Dreiergipfeltreffen anstrebe und eine Karte der Ukraine mit den vier von Russland annektierten Gebieten bereits für das private Gespräch bereitgestellt wurde.

Trump machte auch eine Bemerkung über die im Flur wartenden EU-Vertreter, als nach Sicherheitsgarantien für die Ukraine gefragt wurde. Er verwies darauf, dass diese Personen sehr interessiert daran seien und auch die Kosten für die von Selenskij gewünschten Waffen übernehmen sollten. Zudem kritisierte er Joe Biden als verantwortlich für den Krieg, in dem bereits bis zu 350 Milliarden US-Dollar geflossen seien.

Doch nicht die Aussagen, sondern das Verhalten und die subtilen Demütigungen prägten dieses Treffen. Die EU, die versucht hatte, Trumps Regierung zu überrumpeln, sah sich zurückgesetzt, während nur die ukrainischen Delegationsmitglieder im Raum bleiben durften. Selenskij versuchte zwar, mit einem Brief seiner Frau und der Erwähnung eines getöteten Kindes Sympathien zu erwecken, doch weder Trump noch die Presse zeigten großes Interesse.

Die diplomatischen Feinheiten, die früher oft von US-Amerikanern erwartet wurden, scheinen nun von den USA ausgeübt zu werden, während die europäischen Vertreter rücksichtsloser agieren. Die genauen Details einer möglichen Einigung bleiben ungewiss, dieselben sind jedoch von Russland schon lange klar kommuniziert worden. Die Einheit des Westens erscheint nun fraglich, symbolisiert durch die wartenden EU-Vertreter im Flur.

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