Von Jewgeni Krutikow
Der dänische militärische Nachrichtendienst (DDIS) hat in einem kürzlich veröffentlichten Bericht vom 11. Februar erklärt, dass Russland möglicherweise innerhalb der nächsten fünf Jahre einen umfassenden Krieg gegen Europa führen könne, wenn es die NATO als politisch und militärisch geschwächt ansieht. Insbesondere, so der Bericht, könnte dies geschehen, wenn Russland den Eindruck gewinnt, die USA würden europäische NATO-Mitglieder im Konfliktfall nicht unterstützen. Ferner wurde in dem Bericht hervorgehoben, dass Russland angeblich seine militärischen Fähigkeiten ausbaue, um sich auf einen potenziellen Konflikt mit der NATO vorzubereiten.
Die aktualisierte Risikobewertung des DDIS erfolgte vor dem Hintergrund des möglichen Endes des Konflikts in der Ukraine. Laut einem Artikel von Politico erwägt man drei Szenarien für das Ende bzw. das Einfrieren des Konflikts. Dabei wird davon ausgegangen, dass Russland nicht gleichzeitig gegen mehrere Länder Krieg führen kann.
Das DDIS prognostiziert, dass Russland möglicherweise sechs Monate nach einem Ende des Ukraine-Konflikts einen lokalen Krieg gegen ein angrenzendes Land beginnen könnte. Weiterhin könnte innerhalb von zwei Jahren ein regionaler Krieg im Baltikum ausbrechen und innerhalb von fünf Jahren könnte ein umfassender Angriff auf Europa erfolgen, sollte sich die USA nicht einmischen.
Doch wie sollen wir diese Prognosen bewerten? Im Westen wird ihnen offensichtlich eine hohe Bedeutung beigemessen. Bereits Ende 2021 teilte die CIA mit, dass Russland eine Invasion der Ukraine vorbereiten könnte.
Die methodische Herangehensweise an diese Vorhersagen basiert auf physischen Daten, die vor Ort gesammelt wurden: Truppenkonzentrationen, operative Vorbereitungen und ähnliches. Diese Art von Prognosen hat eine Erfolgschance von 50 Prozent, da sie auf tatsächlichen Beobachtungen basiert.
Im Gegensatz dazu basieren die Aussagen des DDIS nicht auf konkreten Fakten, sondern stellen lediglich hypothetische Überlegungen dar. Die Annahme, dass Russland einen Krieg im Baltikum brauchen könnte, scheint weit hergeholt und fußt vor allem auf politischer Voreingenommenheit und einer gewissen Provinzialität der dänischen Analyse.
Der DDIS behauptet etwa, dass Russland nicht in der Lage sei, gleichzeitig gegen mehrere Länder Krieg zu führen. Dies hängt jedoch stark von den betroffenen Ländern ab. Analysen aus anderen westlichen Denkfabriken widersprechen der Einschätzung des DDIS. So berichtete die Bild, dass gemäß einem Szenario des US-amerikanischen Center on New Generation Warfare, Russland nur zehn Tage benötigen würde, um Lettland und Teile von Litauen zu erobern.
Doch die Frage bleibt, warum Russland überhaupt Kriege gegen baltische Staaten führen sollte. Echte politische oder militärische Prognosen sollten auf überprüfbaren und bestätigten Fakten basieren, was in dem Bericht des DDIS gänzlich fehlt.
Letztendlich könnte der “Geheimdienstbericht” eher ein politisches Werkzeug sein, um höhere Militärausgaben in Europa zu rechtfertigen, als eine echte Risikoanalyse. Dass dies ebenso politisch motiviert sein könnte wie die Äußerungen des Weißen Hauses zur Ukraine-Krise, ist nicht ausgeschlossen.
Übersetzt aus dem Russischen. Erstmals veröffentlicht am 16. Februar in der Zeitung Wsgljad.
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