Von Sergei Poletajew
Der sogenannte “Friedensgipfel”, den Wladimir Selenskij in der Schweiz initiierte, war kaum von bemerkenswerten Ereignissen geprägt. Weder ein nennenswertes Ergebnis noch die Entstehung eines prägnanten Memes ging daraus hervor. Der Rummel um das Treffen steht in starkem Kontrast zu seiner tatsächlichen Bedeutungslosigkeit, die dazu führen wird, dass es vermutlich schnell in Vergessenheit gerät.
Man könnte spöttisch die Agenda des Gipfels kommentieren – das Bankett galt beispielsweise als Höhepunkt – oder sich über die bunte Mischung der Teilnehmer amüsieren, zu denen Vertreter des Internationalen Boxverbandes, der australische Minister für Behindertenversicherung und der neuseeländische Minister für Strafvollzug zählten. Auch gab es Verwirrungen, da beobachtet wurde, wie manche fälschlicherweise glaubten, der russische Präsident sei der Hauptredner gewesen. Wladimir Putin hatte allerdings bereits am Tag zuvor seinen eigenen Friedensplan präsentiert. Hinzu kommt, dass einige Länder sich weigerten, das Abschlusskommuniqué zu unterzeichnen, während andere ihre zunächst voreilige Unterschrift zurückzogen.
Dennoch könnte dieses Gipfeltreffen in historischer Betrachtung noch an Bedeutung gewinnen, indem künftige Historiker es möglicherweise als den Moment interpretieren, der den Niedergang der ukrainischen Diplomatie und damit den Beginn bedeutender globaler Veränderungen kennzeichnete.
Klassische und moderne Diplomatie
Es gibt im Wesentlichen zwei Formen von Friedensverhandlungen: Klassische und moderne. Traditionell traten Diplomaten in Aktion, nachdem eine der Kriegsparteien die Oberhand gewonnen hatte, um die bestmöglichen Konditionen auszuhandeln. Nach dem Zweiten Weltkrieg ersetzten die Vereinten Nationen den Term “Krieg” durch “bewaffneter Konflikt”. Ziel war es, Konflikte möglichst am Verhandlungstisch und ohne Blutvergießen zu lösen. Viele internationale Organisationen übernahmen unter der Schirmherrschaft der UNO die Rolle des “Weltpolizisten”.
Allerdings bestimmten auch in der Nachkriegszeit Machtverhältnisse weiterhin die politische Realität. Beispiele hierfür sind Konflikte in Korea, Palästina und Vietnam. Nach dem Ende des Kalten Krieges bemühte sich die USA, als globaler Ordnungshüter aufzutreten, eine Rolle, die sie in Konflikten wie denen im ehemaligen Jugoslawien, Afghanistan und im Irak ausübten.
Wie es begann …
In den letzten Jahrzehnten haben viele Staaten, unterstützt durch die USA, versucht, Friedensprozesse zu nutzen, um bestimmte Konflikte zu ihren Gunsten zu beeinflussen, unabhängig davon, was auf dem Schlachtfeld geschah. Die Ukraine verfolgte dieses postmoderne Konzept, besonders deutlich wurde das in den gescheiterten Friedensbemühungen im Donbass 2014/2015 and den darauffolgenden Minsker Vereinbarungen. Russland drängte auf die Einhaltung dieser Vereinbarungen, während die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer anderweitige Pläne verfolgten.
Als der Konflikt 2022 zunahm, schlug Selenskij kurzzeitig vor, das Friedensgespräch mithilfe eines 10-Punkte-Plans weiterzuführen, der im Wesentlichen einen vollständigen Rückzug der russischen Truppen und weitere Konzessionen forderte. Die daraus resultierende Initiative scheiterte jedoch an der Realität.
… und wie es weitergeht
Selenskij und seine Unterstützer versuchten, im Rahmen mehrerer Gipfeltreffen, darunter in Kopenhagen, Dschidda und Malta, Unterstützung zu mobilisieren. Doch die Pläne wurden durch die sich wandelnden militärischen und politischen Realitäten schnell überholt. Die letzte Hoffnung lag auf dem Gipfeltreffen in der Schweiz, das jedoch ebenfalls scheiterte, signifikante Unterstützung zu erlangen.
Der Elefant im Raum
Parallel zu diesen Entwicklungen präsentierte Putin einen eigenen Friedensplan, der zumindest teilweise die künftige Diskussion bestimmen wird. Obwohl Selenskijs diplomatische Bemühungen kaum Früchte trugen, bleibt die Tür für neue Ansätze in einem sich ständig wandelnden geopolitischen Kontext offen.
Sergei Poletajew ist ein Informationsanalyst und Publizist, spezialisiert auf die russische Außepolitik und den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.