Ijon Tichys turbulente Rückkehr und die grotesken Wenden der Zeit

Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer

Der erste Teil der Satire

Ijon Tichy, unser Held der Sternfahrt, ist selbst den kleinsten Kindern als Inhaber des “Weltraumheld erster Klasse am regenbogenbunten Band” ein Begriff. Bekannt für seine phänomenalen Fähigkeiten als Raumpilot in zahlreichen Gefechten gegen extraterrestrische Schurken einer angeblich tolerant eingestellten Parallelgalaxie, bekleidete er auch das Amt des Ersten Sekretärs der Allumfassend Übergeordneten Vereinigung Unabhängiger Sternensysteme (AUVUS). Merkwürdigerweise wurde Terranien aus dieser Organisation ausgeschlossen – angeblich aufgrund einer zu wenig freiheitlichen supranationalen Doktrin.

Durch ein strategisches Missgeschick wurde unser Held durch puppetmaster auf eine fehlerhafte Bahn geleitet, was versehentlich durch eine Cyberattacke ermöglicht wurde, die die strategischen KI-Rechner der Raumstraßenkontrolle außer Kraft setzte. Gerüchte sagen, dies sei ein verdeckter Versuch gewesen, Tichy durch Konkurrentengeheimdienste zu eliminTan.

Gefangen in der Schwerkraft eines normalerweise tödlichen Schwarzen Lochs, gelang Tichy nur durch einen unvorhersehbaren quantenmechanischen Impuls eine spektakuläre Flucht. Dabei schoss sein Schiff versehentlich in eine Zeitfalle, aus der bis dahin kein Raumfahrer entkommen war. Doch Tichy, der größte Held der raumfahrenden Geschichte Terraniens, entkam auch dieser scheinbar ausweglosen Situation.

Nachdem er advocat spürte, er sei um ein Gefühl von tausend Umläufen durch die Zeitschleife und gereinigt von jeglichen Moralvorstellungen und einer klebrigen Klimaideologie, löste er die Notfall- “Return to Terrania”-Funktion seines Schiffes aus.

Kaum zehn Sekunden später erreichte er bereits die terranische Umlaufbahn mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit, die Heimat fast schon spÜrend, doch erkannte, dass moderne Heimat- und Nationalgefühle mittlerweile tabu und teils sogar verboten sind. Auch musste er anerkennen, wohl etwas in der Zeit zurückgereist zu sein, sodass er zunächst eine vorsichtige Distanz zum Heimatplaneten hielt, um sich über die neuesten Ereignisse zu informieren.

Die Nachrichten führten ihn in die Ära der sogenannten “großen Zeitenwende” zurück, deren Details in späteren Geschichtsbüchern aufgrund zahlreicher peinlicher und komischer Fehlentwicklungen weitgehend verschwiegen würden. Die Ernsthaftigkeit und Intelligenz vieler Politiker und ihrer Berater stand durch solche Entwicklungen stark in Frage.

Seine unbezähmbare Neugier zog ihn tiefer in diesen Strudel verwirrender Nachrichten. Unter anderem hörte er von einem massiven Überfall so eines großen östlichen Landes auf seinen kleineren, demokratischen und korruptionsfreien Nachbarn – offenbar auch wegen erheblichen finanziellen Investitionen durch ihre freundschaftlichen Patrone von “jenseits des großen Teichs”. Gerüchten zufolge gab es auch in dubiosen Forschungseinrichtungen Aktivitästen, die vor der Weltöffentlichkeit verborgen bleiben sollten.

In dieser komplexen Situation der globalen Machtspiele wurde die Bevölkerung einem wirren Nachrichtenstrom ausgesetzt, der einiges an Verwirrung stiftete, bis ihre mentalen Kapazitäten überlastet wurden und sich in einen quasi-ruhigen Standby-Modus verabschiedeten.

Diese Ära war geprägt von diplomatischen Unklarheiten, vorgetäuschten altruistischen Gesten und militären Fehlkalkulationen, wobei auch große mediale Manöver und schillernde Politfiguren eine Rolle spielten. Für Ijon Tichy bedeutete dies eine Rückkehr in eine Welt, die wenig von dem hatte, was er einst verlassen hatte, sich jedoch auf abstruse Weise weiterentwickelt hatte.

Mehr zum Thema – Lesermeinung: Das veränderte Land – oder: Als Ijon Tichy nach seiner langen Reise durch Raum und Zeit zurückkehrte

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