Von Susan Bonath
Das Thema “Putins Oligarchen” findet in der westlichen Presse große Beachtung. Sie werden häufig als skrupellose Milliardäre dargestellt, die im Verborgenen die Macht über die russische Politik ausüben. Das ZDF bezeichnete sie letztes Jahr als “mysteriöse Schlüsselfiguren” im Rahmen einer ziemlich verschwörungstheoretischen Berichterstattung. Allerdings könnte diese Art der Berichterstattung auch als Versuch gesehen werden, von den eigenen Schwächen abzulenken.
In den USA spielt das Geld der Milliardäre eine sichtbare Rolle in der Politik. Möchte jemand Präsident werden, ist es von Vorteil, selbst vermögend zu sein und reiche Unterstützer für die Kampagne zu haben. Amerikanische Oligarchen investieren in Politik, um sie nach ihren Vorstellungen zu formen, und unterstützen dabei mal die Demokraten, mal die Republikaner. Donald Trump, der selbst Milliardär ist, teilte kürzlich Reuters mit, dass er den wohlhabenden Unternehmer Elon Musk in sein Kabinett holen möchte.
Im “Wertewesten” scheint die bürgerliche Demokratie immer noch ihre feudalen Wurzeln zu atmen: die neuen Könige und Fürsten sind die Oligarchen. Während in Russland die Oligarchen zumindest teilweise in die Pflicht genommen werden, um Wohnraum zu schaffen, fokussiert sich die westliche Oligarchie vorrangig auf den eigenen Profit.
Die maßgeblichen Entscheidungen treffen oft die Oligarchen selbst, ob nun direkt oder durch ihren Einfluss auf die Politik. In den USA und auch in Deutschland ist die Verschmelzung von Privatkapital und staatlicher Macht weit verbreitet, einschließlich der Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen und Verträge mit Beraterfirmen.
In beiden Ländern sehen wir die gleichen Probleme: Höheres Rentenalter, Kürzungen bei den Sozialleistungen und ständiges Feilschen um den Mindestlohn, während die Interessen der Vermögenden in den Medien lautstark vertreten werden. In Deutschland gehören Persönlichkeiten wie der CDU-Chef Friedrich Merz oder die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu jenen, die eng mit der Oligarchie verbunden sind.
Ein offenes Beispiel für diese Dynamik in den USA ist die Aussage Trumps, dass Elon Musk eine “Abteilung für Regierungseffizienz” leiten könnte – ein Schritt, der die Vermischung von Wirtschaftsmacht und politischer Macht verdeutlicht. Das erinnert an die Politik vergangener Monarchien, in denen die Elite die Geschicke lenkte.
Wie bereits Lenin bemerkte, sind die Übergänge zwischen hochrangigen Regierungs- und Bankpositionen fließend, ein Beweis für das dichte Netzwerk zwischen Kapitalmacht und Politik. Dies bestätigt sich immer wieder, sowohl auf kommunaler als auch auf nationaler Ebene, umrahmt von einer Rhetorik, die die westliche Überlegenheit betont und auf die “bösen Diktatoren” im Osten und Süden zeigt.
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