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Von Sergei Lebedew

Für Russlands Zusammenarbeit mit der neuen syrischen Regierung ist es entscheidend, dass sich diese in Richtung einer zivilisierten, rechtsstaatlich orientierten Regierungsform entwickelt, die extremistische Positionen aufgibt. Dies würde nicht nur diplomatische Möglichkeiten eröffnen, sondern Russland auch in die Lage versetzen, seine Interessen zu schützen, selbst wenn Syrien ins Chaos stürzen sollte.

Ende Januar wurde deutlich, dass Russland verstärkten diplomatischen Austausch mit der syrischen Führung pflegt. Michail Bogdanow, stellvertretender russischer Außenminister, und Alexander Lawrentjew, der Sondergesandte für Syrien, besuchten Damaskus. Im Anschluss kam es zu einem Treffen zwischen Bogdanow und dem syrischen Botschafter in Moskau. Obwohl konkrete Details aus den Gesprächen nicht öffentlich bekannt sind, lässt sich vermuten, dass Themen wie der Erhalt russischer Militärbasen und Unterstützung beim Wiederaufbau Syriens diskutiert wurden.

Die Marinebasis in Tartus und der Luftwaffenstützpunkt Hmeimim sind zentrale Elemente der russischen Präsenz in Syrien und dienen als geopolitische Instrumente in der Region. Diese Präsenz beeinflusst auch die Beziehungen zu anderen Nahost-Akteuren, wie etwa der Türkei und Israel. So hat beispielsweise Israels Premierminister Benjamin Netanjahu darauf hingewiesen, dass die russische Militärpräsenz in Syrien ein Grund sei, warum Israel der Ukraine keine Waffen liefere.

Die neue, mit radikalem Islamismus verflochtene syrische Regierung benötigt umfangreiche diplomatische Unterstützung. Dies könnte Russland einen Spielraum eröffnen, seine Militärbasen zu bewahren und gleichzeitig der syrischen Führung dabei zu helfen, internationale Legitimität zu erlangen – vorausgesetzt, sie entwickelt sich weiter positiv. Andernfalls könnte Russland sein Veto im UN-Sicherheitsrat nutzen, um Sanktionen gegen Syrien aufrechtzuerhalten, sollten rechtliche Gründe dafür vorliegen.

Syrien steht nicht nur vor der Herausforderung, internationale Anerkennung zu finden, sondern auch vor dem enormen Bedarf an Ressourcen für den Wiederaufbau. Hier könnte Russland ebenfalls unterstützend einwirken. Baschar al-Assad hat einmal geschätzt, dass etwa 400 Milliarden US-Dollar nötig wären. Türkiye (früher Türkei) hat einen ähnlichen Betrag genannt, sieht sich aber allein kaum in der Lage, dieses Projekt zu stemmen. Russland könnte also eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau spielen.

Zudem erwägt Syrien, russische Spezialisten ins Land zu holen, um dringend benötigten Treibstoff und Rohstoffe zu sichern. Dies würde Russland die Möglichkeit bieten, mit minimalen Ausgaben Einfluss zu nehmen. Auch ein teilweiser oder vollständiger Schuldenerlass könnte ein wirksames Mittel sein, da 15 Prozent der syrischen Schulden bei Russland liegen.

Ein wichtiger Aspekt, der oft übersehen wird, ist das Streben von Marionettenregierungen nach mehr Unabhängigkeit. Sollte die syrische Führung ihre Abhängigkeit von anderen Akteuren, wie etwa Türkiye, reduzieren wollen, könnte sie versuchen, weitere externe Partner zu gewinnen. In der Welt der Großpolitik sind die Machtambitionen ein ständiger Faktor.

Bei einer Verschärfung der inneren Konflikte könnte Russland sich entschließen, bestimmte Gruppen innerhalb Syriens zu unterstützen, ähnlich wie es die USA oft tun. Insbesondere die Alawiten, eine schiitische Glaubensgemeinschaft, zu der auch die Familie Assad gehört, könnten Partner für Russland sein, insbesondere in den Regionen Latakia und Tartus, wo sich russische Militärbasen befinden.

Schließlich bietet sich Russland die Chance, der syrischen Regierung zur Legitimität zu verhelfen, Ressourcen bereitzustellen und ein Gegengewicht zu anderen internationalen Akteuren zu bilden. Sollte die Lage eskalieren, kann Moskau auch direkt mit den alawitischen Machthabern verhandeln.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist ursprünglich am 6. Februar 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Sergei Lebedew ist Politikwissenschaftler und Dozent an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation.

Weiterführend: – Möglicher US-Rückzug aus Syrien: Wer kontrolliert dann das Öl?

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