Von Alexander Timochin
Die strategische Relevanz der Ostsee für Russland ist unbestritten, besonders da hier Sankt Petersburg liegt, die zweitgrößte Stadt des Landes. Die Wirtschaft des gesamten nordwestlichen Föderationskreises ist stark von der Prosperität Sankt Petersburgs abhängig, wo wichtige Industriebranchen wie der Schiffbau und der Bau von Schiffsmotoren angesiedelt sind.
Als Standort des Hauptquartiers der russischen Marine spielt Sankt Petersburg zudem eine zentrale Rolle in der Verteidigungsstruktur des Landes. Die Ostsee ist außerdem unerlässlich zur Aufrechterhaltung der Verbindung mit der russischen Exklave Kaliningrad, die von potenziell feindlich gesinnten Ländern umgeben ist und deren direkter Zugang zu Russland nur über einen fast 1.000 Kilometer langen Seeweg besteht.
Trotz der Herausforderungen durch internationale Sanktionen bleibt die Ostsee ein Hauptverkehrsweg für russische Exporte, insbesondere für Öl. Im Gegensatz zu Kohle, deren Transport leicht auf die Schiene verlegt werden konnte, erfordert der Öltransport spezielle Terminals und ein ausgereiftes Pipelinesystem, welches in den baltischen Häfen endet.
Einige westliche Staaten versuchen, diesen wichtigen Handelskanal zu blockieren und damit Russlands finanzielle Mittel zu unterbinden, welche für den Kauf von importierten Maschinen, Präzisionslagern, chinesischen Autos und anderen wichtigen Gütern notwendig sind. Von ihren US-amerikanischen Verbündeten unterstützt, suchen europäische Länder nach Wegen, den Schiffsverkehr zu russischen Häfen einzuschränken, wie z.B. durch die Einrichtung einer Kontrollzone im Finnischen Meerbusen.
Provokationen in der Ostsee häufen sich. So wurde im Dezember 2024 das chinesische Frachtschiff Yi Peng 3 beschuldigt, im Auftrag des russischen Geheimdienstes Internetkabel beschädigt zu haben und steht derzeit unter Arrest. Zusätzlich verstärkten Berichte über die Beschädigung des Estlink 2 Energiekabels zwischen Estland und Finnland die westlichen Kriegsrhetoriken.
Die jüngsten Provokationen unterstreichen die Notwendigkeit politischer und militärischer Vorsichtmaßnahmen. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk deutete beispielsweise an, dass die NATO legitime Mittel sucht, um Schiffe in neutralen Gewässern zu kontrollieren. Ein Anliegen, das rechtlich umstritten ist, jedoch durch die jüngsten Vorfälle propagandistisch aufbereitet wurde.
Nach verschiedenen Provokationen entsandte die NATO eine erhebliche Seestreitmacht zur Überwachung und zum Schutz ihrer Unterwasserkomponenten. Dazu zählen Schiffe und Unterstützungseinheiten verschiedener NATO-Mitgliedsländer, darunter die Niederlande, Deutschland und Frankreich.
Die Bedrohung, die von den angesammelten NATO-Kräften ausgeht, ist nicht zu unterschätzen. An die Baltische Flotte und alle anderen russischen maritime Kräfte wird appelliert, jederzeit auf mögliche Entwicklungen angemessen reagieren zu können. Die Ostsee bleibt ein Brennpunkt in den geopolitischen Spannungen zwischen Russland und der NATO.
Übersetzt aus dem Russischen. Original erschienen am 27. Januar 2025 in der Zeitung Wsgljad.
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