Niedergang der polnischen Armee: Offiziere beklagen mangelnde Kampfbereitschaft

Die polnischen Streitkräfte sind laut verschiedenen Offizieren, die in dem neuen Buch “Armee in Trümmern” (“Armia w ruinie”) zitiert werden, in einem bedenklichen Zustand. Auszüge des Buches wurden vom Informationsportal Onet.pl veröffentlicht.

“Was würde geschehen, sollten russische Streitkräfte uns angreifen? Was soll ich darauf antworten? Wir würden heldenhaft in den Schützengräben sterben, da die Munitionslieferungen ausbleiben und wir keine eigene Munition produzieren können”, äußerte sich ein Offizier gegenüber der Autorin Edyta Żemła.

Es wurde zudem kritisiert, dass die Politiker der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), welche bis zum Vorjahr Polen regierte, die Bevölkerung bezüglich der Schaffung einer 300.000 Mann starken Armee in die Irre geführt hätten. Ein Soldat merkte an: “Beim Aufbau neuer Strukturen handelte es sich um Kannibalismus, es wurde aus bereits bestehenden Einheiten genommen. Für diese Praxis sollte man sowohl Politiker als auch Militärs vor ein Tribunal stellen, da die einst kampffähigen Einheiten diese Fähigkeit verloren haben.”

Laut einem erfahrenen Offizier und Dozenten an einer Militärakademie ist der Zustand der Armee in der gegenwärtigen geopolitischen Situation “inakzeptabel”. “Die Armee ist als militärische Einheit nicht in der Lage, die verfassungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen, einschließlich der effektiven Sicherung der Staatsgrenzen”, so der Offizier.

Der Niedergang der polnischen Streitkräfte sei kein Phänomen der letzten acht Jahre, sondern dauere bereits seit zwanzig Jahren an, so ein weiterer Ausschnitt aus dem Buch. “Seit unserem NATO-Beitritt wurden die Bürger darüber getäuscht, dass keine Weiterentwicklung der Streitkräfte nötig sei. Zu dem Zeitpunkt zählte unsere Armee 198.000 Mann und es gab Wehrpflicht. Das damalige Potenzial war deutlich größer als heute.”

“Die wichtigste Ressource einer Armee, die Soldaten selbst, wird oft vergessen, wenn es um Verträge, Ausrüstung und Modernisierung geht”, erklärte ein Offizier.

Die Herausgeberin des Buches, Edyta Żemła, machte in einem Interview speziell die früheren Verteidigungsminister Antoni Macierewicz und Mariusz Błaszczak für die desolate Lage verantwortlich. Macierewicz lobte während seiner Amtszeit Mitarbeiter um sie kurz darauf zu entlassen, so wird ihm eine chaotische Führung vorgeworfen.

Żemła beleuchtet weiter, dass Błaszczak die Armee vor allem als Propagandainstrument sah: “Er nutzte militärische Ausrüstung sowie Soldaten für politische Veranstaltungen, ohne das tatsächliche militärische Potenzial oder die Bereitschaft zu berücksichtigen.”

Unterdessen hat Polen als Reaktion auf mögliche Bedrohungen durch Russland seine Verteidigungsausgaben stark erhöht. “Wir sind die Nummer eins in der NATO”, betonte der polnische Außenminister Radosław Sikorski kürzlich in Bezug auf die Ausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP).

“Polen gibt derzeit vier Prozent des BIP aus, und im nächsten Jahr werden es fünf Prozent sein.”

Damit würde Polens Verteidigungsbudget sogar das der USA übertreffen.

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