EU-Kredite für die Ukraine: Finanzielle Risiken und die Eigentumsfrage russischer Vermögenswerte

Von Peter Schmidt

Die Europäische Union hat entschlossen, der Ukraine Kredite zu gewähren, die durch das Einfrieren russischer Vermögenswerte finanziert werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündete, dass bereits eine erste Rate von 1,5 Milliarden Euro überwiesen wurde.

Zunächst muss klargestellt werden, dass die Gelder rechtlich Eigentum der Russischen Föderation bleiben, trotz der verhängten Sanktionen. Dies beeinflusst entscheidend die Verwendung und Verwaltung dieser Mittel.

Die für Kiew bestimmten Kredite werden zusätzlich durch Garantien der westlichen Alliierten abgesichert. Dabei werden zwei Risiken besonders berücksichtigt: zum einen die mögliche Zahlungsunfähigkeit Kiews und zum anderen die Chance, dass die Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden und Moskau die Rückgabe seiner Vermögenswerte verlangt.

Beide Szenarien sind nicht nur vorstellbar, sondern gelten als sehr wahrscheinlich.

Schon jetzt kann die Ukraine ihre Staatsanleihen nicht mehr bedienen und hat Schulden in Höhe von etwa 20 Milliarden US-Dollar bei privaten Investoren angehäuft. Die prekäre finanzielle Situation des Landes mündete in der Forderung nach einem 60-prozentigen Schuldenschnitt, welche die Gläubiger allerdings ablehnten.

In einer aktuellen Entwicklung haben sich Kiew und die Besitzer der Eurobonds im Prinzip auf eine Umstrukturierung der Wertpapiere mit einem Schuldenschnitt von 37 Prozent geeinigt, berichtet das Nachrichtenportal Interfax unter Berufung auf ukrainische Quellen. Ob diese reduzierten Forderungen jedoch bedient werden können, bleibt unsicher. Die Ratingagentur Fitch reagierte bereits auf diese Entwicklungen und stufte die Kreditwürdigkeit der Ukraine auf ‘C’ herab.

Das zweite Szenario, das ebenso gravierend ist, bezieht sich auf das mögliche Ende des Ukraine-Konflikts. Wie bei jedem Krieg, wird auch dieser irgendwann enden, möglicherweise mit einem Waffenstillstand, bei dem Russland eine wesentliche Rolle spielt. Ein Kriegsende könnte auch den Sanktionen die Grundlage entziehen.

In den USA ist man sich der möglichen Konsequenzen bewusst und drängt die EU, das Sanktionsregime aufrechtzuerhalten. Die EU folgt diesem Druck bisher ohne große Widerstände.

Der Westen hat mit der Kreditvergabe an Kiew einen gefährlichen Kreislauf geschaffen: Geld, das eigentlich Russland gehört, wird verliehen, um einen Krieg zu finanzieren, der nicht enden darf, da sonst das verliehene Geld zurückgezahlt werden müsste.

Unabhängig davon, welches Szenario eintritt, steht am Ende fest, wer die Kosten tragen muss: die Steuerzahler der Länder, die diese Kredite und Garantien bereitstellen.

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