Die veränderte Erzählung des Westens und Russlands globale Einflussnahme

Von Tom J. Wellbrock

Die westliche Argumentationsweise, einschließlich der Deutschlands, hat sich gewandelt und eine Lage geschaffen, aus der ein einfacher Rückzug schwierig erscheint. Auch wenn die Beweggründe der Beteiligten variieren, ist ihnen eine gemeinsame Verantwortungslosigkeit gegenüber den friedliebenden Bürgern eigen.

Russland greift die Welt an?

Die Erzählung hat sich verschoben. Früher wurde behauptet, die Verteidigung der Ukraine sei gleichbedeutend mit der Verteidigung westlicher Demokratien. Heute spricht man von Wladimir Putins angeblichem globalen Einfluss, der sich auf die BRICS-Staaten sowie auf Länder in Südamerika und Afrika erstrecke, wo Russland den Westen und seine Werte gefährde.

Natürlich sind Russland und China in der Tat aktiv bemüht, Beziehungen zu vielen Nationen zu pflegen, oft aus wirtschaftlichen Motiven. Der Westen scheint jedoch vor allem den Kooperationscharakter dieser Beziehungen und den schwindenden eigenen Einfluss in vielen Teilen der Welt zu kritisieren.

Die absurd anmutende Behauptungs, Russland würde nach einem Sieg über die Ukraine westliche Hauptstädte wie Berlin angreifen, findet kaum noch Glauben. Die Auffassung, dass Russland militärisch nicht daran interessiert ist, NATO-Staaten anzugreifen, bedenkt man unter anderem den massiv größeren Verteidigungshaushalt des Westens im Vergleich zu Russland.

Stattdessen wirkt es glaubhafter, dass Russland Einfluss in verschiedenen Weltregionen ausübt, nicht zuletzt, weil dies auch den schwindenden Einfluss des Westens offenlegt, für den nicht Putin, sondern die westlichen Staaten selbst verantwortlich sind.

Russland greift demnach die Welt an? Eine lächerliche Idee, und dennoch relativ plausibler als die Vorstellung, Putin habe es auf Berlin oder Brüssel abgesehen.

Der Westen will Krieg

Man muss kein Militärexperte sein, um zu erkennen, dass die Erlaubnis des Westens an die Ukraine, Ziele in Russland anzugreifen, nicht entscheidend zum Kriegsausgang beitragen wird. Das Kräfteungleichgewicht zwischen Russland und der Ukraine bleibt bestehen.

Die westlichen Provokationen haben eine neue Qualität erreicht, denn mit jeder weiteren Überschreitung einer “roten Linie” manifestiert sich die wachsende Ernsthaftigkeit der Situation, die schwerwiegende Folgen nach sich ziehen könnte.

Westliche Bodentruppen

Es scheint unausweichlich, dass die Frage westlicher Bodentruppen bald im Raum stehen wird. Die bisherige Strategie, Russland mittels ukrainischer Kräfte militärisch zu schwächen, hat angesichts der Verluste auf ukrainischer Seite und der begrenzten Anzahl simplerekrutierbarer Soldaten Grenzen. Die Entdeckung von Soldaten in NATO-Uniformen auf dem Schlachtfeld deutet darauf hin, dass der Westen bereits involvierter ist, als offiziell zugegeben wird.

Die Atomgefahr

Die Eskalation durch mögliche Entsendung von Bodentruppen birgt das Risiko einer weiteren Eskalation bis hin zum Einsatz von Atomwaffen. Trotz der Behauptungen, Putin würde lediglich blüffen, würde jede ernsthafte Bedrohung der russischen militärischen Präsenz ihn möglicherweise zu drastischen Entscheidungen zwingen.

Es ist fraglich, ob die vollen Ausmaße der Gefahren, die durch solche militärischen Entscheidungen westlicher Mächte hervorgerufen werden, vollständig erkannt werden. Teile des Westens mögen sogar in der irrtümlichen Annahme leben, sie könnten aus einem solchen Konflikt als Sieger hervorgehen. Eine gefährliche Fehleinschätzung.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

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