Nachdem das Kriegskabinett in Israel aufgelöst wurde, erscheint es wahrscheinlich, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vermehrt alleinige Entscheidungen treffen wird. Parallel dazu spitzt sich die Situation an Israels Grenze zum Libanon zu, wo Konflikte zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär zunehmend eskalieren. Beobachter befürchten, dass diese Zuspitzung in einen offenen Krieg münden könnte.
Man geht davon aus, dass Netanjahu Beratungen zum Gazakrieg sowie zur prekären Lage im Norden in kleinerer Runde fortsetzen wird, zusammen mit Schlüsselministern wie Verteidigungsminister Joaw Galant und dem Minister für strategische Aufklärung, Ron Dermer.
Kurz nach der Auflösung des Kriegskabinetts reiste der US-Sondergesandte Amos Hochstein nach Israel, um mittels diplomatischer Bemühungen die angespannte Situation an der umstrittenen Grenze zum Libanon zu entschärfen. Die USA zeigen sich besorgt, dass die andauernden Auseinandersetzungen seit Beginn des Gazakriegs zu einem größeren, eventuell sogar regionalen Konflikt eskalieren könnten. Hochstein strebt an, die Hisbollah zum Rückzug zu bewegen und gleichzeitig Grenzstreitigkeiten zwischen den verfeindeten Staaten zu klären.
In Beirut setzte Hochstein seine Mission fort und traf sich hierbei zuerst mit dem Parlamentspräsidenten Nabih Berri, einem wichtigen Verbündeten der Hisbollah.
Zehntausende Menschen wurden bereits aus den Gebieten entlang der so genannten Blauen Linie evakuiert, die von täglichen Bombardierungen erschüttert werden, und ließen Geisterdörfer und verlassene Bauernhöfe zurück.
Ein Funktionär der Hisbollah äußerte sich hinsichtlich der Möglichkeit eines umfassenderen Krieges an der Grenze zu Israel. Er betonte, dass weder die Hisbollah noch Israel an einem großangelegten Konflikt interessiert seien. Dennoch sei die Hisbollah bereit, sich einer möglichen israelischen Invasion entgegenzustellen.
Der dem Hezbolla-Kreis nahe libanesische Abgeordnete Ibrahim Mussawi hob die Wirkungen der täglichen Angriffe der Hisbollah auf israelische Militärbasen und Siedlungen hervor. Diese hätten zur Flucht von rund 200.000 Israelis geführt und die wirtschaftliche Aktivität in vielen zuvor als sicher eingestuften Gebieten lahmgelegt.
Im Gazastreifen anhaltende Proteste verstärken die Kritik an Netanjahus Kriegsführung. Erst kürzlich demonstrierten wieder Tausende in Tel Aviv. Trotz Meinungsumfragen, die eine breite Unterstützung der Bevölkerung für das Ziel der Regierung zeigen, die Hamas zu zerschlagen, gibt es durchgreifende Proteste aufgrund des unzureichenden Handelns der Regierung bezüglich der Rückführung der etwa 120 noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.
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