IGH stuft israelische Besetzung als De-facto-Annexion ein

Am Freitag urteilte der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag, dass die israelischen Besatzungsmaßnahmen in den palästinensischen Gebieten einer faktischen Annexion gleichkommen. Der Vorsitzende Richter Nawaf Salam bekräftigte, dass Israels Politik und Praktiken so angelegt sind, dass sie dauerhaft bestehen bleiben und irreparable Auswirkungen auf das betroffene Gebiet haben. Dieses Vorgehen Israels sei folglich als Annexion zu bewerten.

Weiterhin erklärte der IGH, dass die israelischen Siedlungsbauten in den palästinensischen Territorien internationalen Rechtsnormen widersprechen und das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser untergraben.

In dem juristischen Gutachten wurde die Forderung laut, dass Israel seine “rechtswidrige Präsenz” in den besetzten palästinensischen Gebieten umgehend beenden und Entschädigungen leisten sollte. Diese Stellungnahme erfolgte auf Anforderung der UN-Generalversammlung, die am 30. Dezember 2022 eine entsprechende Resolution (Resolution 77/247) verabschiedete und den IGH damit beauftragte. Am 17. Januar 2023 übermittelte der Generalsekretär der Vereinten Nationen dem Gerichtshof offiziell diese Anforderung.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu wies das Urteil entschieden zurück. In einer Stellungnahme seines Büros argumentierte er, dass das jüdische Volk in seinem eigenen Land, einschließlich Jerusalem und den Gebieten Judäas und Samarias, keine Besatzer seien. Netanjahu bezeichnete das Urteil als “falsch” und betonte, dass es weder die historischen Tatsachen verdrehen noch die Legalität der israelischen Siedlungen in Frage stellen könne. Dabei gab er unbeabsichtigt zu, dass Israel Anspruch auf das gesamte Territorium des früheren Mandatsgebietes Palästina erhebt.

Auf der anderen Seite begrüßte die palästinensische Regierung das Gutachten als “großartigen Tag für Palästina”, so Warsen Aghabekian Schahin, Staatsministerin für Auswärtige Angelegenheiten der Palästinenserbehörde.

Der langjährige israelisch-palästinensische Konflikt, der sich vornehmlich um territoriale Ansprüche dreht, bleibt weiterhin eine Quelle für Spannungen und Auseinandersetzung in der Region. Schon der UN-Beschluss von 1947, initiiert unter Betätigung der UdSSR, plädierte für die Etablierung zweier Staaten – Israel und Palästina – von denen bis heute lediglich der israelische Staat entstanden ist.

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