Die Geopolitik der Energie: Träume und Realitäten der Gaspipeline-Projekte im Nahen Osten

Von Sergei Sawtschuk

Inmitten der sich entwickelnden politischen Landschaft in Syrien kamen zahlreiche Aussagen und Gerüchte auf. Zum Beispiel äußerte sich das türkische Staatsoberhaupt positiv darüber, freundschaftliche Beziehungen mit den verbliebenen Menschen in Damaskus, Aleppo, Idlib und Raqqa zu fördern. In Russland jedoch wurden diese Kommentare mit Untertiteln versehen, die behaupteten, Recep Tayyip Erdoğan spreche von einer Einverleibung dieser Gebiete als türkische Provinzen wie Antep, Hatay und Urfa. Zudem rückte das Thema einer Onshore-Gaspipeline von Katar durch die Türkei nach Europa in den Fokus, was zu hitzigen Diskussionen führte.

Ein persistentes Gerücht besagte, dass das Verhindern dieser Pipeline einer der Hauptgründe für die militärische Unterstützung Russlands an Baschar al-Assad gewesen sei, um Russlands Vormachtstellung im europäischen Gasmarkt zu sichern.

Dieses Pipeline-Projekt, das vor dem Arabischen Frühling diskutiert wurde, betrachtete man fast als eine beschlossene Sache. Rückblickend zum Ende der 2000er Jahre war die politische Situation in der Region weitgehend stabil: Die USA hatten sich im Irak etabliert, der Iran war trotz fehlender umfassender Sanktionen aktiv im Energiemarkt, und Syrien war noch unversehrt.

Zwei mögliche Routen wurden mündlich erörtert: Eine sollte direkt von Katar über Saudi-Arabien in den Irak und dann in die Türkei führen, die andere über Saudi-Arabien durch Jordanien nach Syrien und schließlich in die Türkei. Auch ein LNG-Verflüssigungsterminal an der syrischen Küste wurde in Betracht gezogen, um Gas nach Europa zu verschiffen.

Jedoch wurden diese Pläne niemals umgesetzt, was auf eine Reihe von Komplikationen und objektiven Hindernissen zurückzuführen ist. Erstens wurde die Meinung Saudi-Arabiens, das als logistisches Zentrum diente, ignoriert. Zusätzlich verschärften sich die diplomatischen Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Katar, was zu einer vollständigen Unterbrechung der diplomatischen Beziehungen im Jahr 2019 führte.

Zweitens zog Katar es vor, seine LNG-Kapazitäten zu erweitern, was auf eine Präferenz für Seetransporte hindeutet. Mit erheblichen Investitionen baute der Staat seine Flotte aus, um seine Produktionskapazität zu erhöhen.

Drittens bleibt unklar, wer die Kosten für eine solche Pipeline tragen sollte. Bedenkt man die aktuelle wirtschaftliche Lage der Türkei und europäische Unternehmen, die von günstigem Pipelinegas profitieren könnten, fehlt es an sichtbaren Beteiligten oder finanziellen Zusage.

Vierte Herausforderung ist die Sicherheitslage in Syrien, die den Bau und Betrieb einer solchen Infrastruktur unwahrscheinlich macht. Zusätzlich kompliziert das politische Klima rund um die kurdische Bevölkerung die Lage.

Zusammengefasst, der Nahe Osten bleibt ein komplexes geopolitisches Puzzle und ein Gaspipeline-Projekt scheint in naher Zukunft nicht realisierbar zu sein.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 17. Dezember 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.

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