Am Dienstag führte der französische Präsident Emmanuel Macron ein bemerkenswertes Telefongespräch mit dem neuen syrischen Machthaber Ahmad al-Scharaa, der auch als Abu Muhammad al-Dschaulani bekannt ist. Macron war damit das erste europäische Staatsoberhaupt, das Kontakt mit al-Scharaa aufnahm, seit dieser nach dem Sturz von Baschar al-Assad faktisch die Führung in Syrien übernommen hat. Letzte Woche wurde er von islamistischen Gruppierungen zum “Interimspräsidenten” ernannt.
Das französische Präsidialamt erklärte, Macron habe die Initiative ergriffen, um mit al-Scharaa zu sprechen. Diese Kommunikation folgte auf ein Treffen al-Scharaas mit dem französischen Außenminister Jean-Noël Barrot und der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, die vor einem Monat nach Damaskus gereist waren. Bei diesem Treffen sorgte al-Scharaa für Aufsehen, indem er Barrot die Hand reichte, Baerbock jedoch nicht.
Die syrische staatliche Nachrichtenagentur SANA berichtete, dass Macron al-Scharaa während ihres Gesprächs beglückwünschte und Frankreichs Engagement zur Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien betonte. Die Europäische Union hatte kürzlich angekündigt, einige Sanktionen, die während der Herrschaft von Baschar al-Assad verhängt wurden, zu lockern, um den Wiederaufbau Syriens nach mehr als 13 Jahren verheerender Konflikte zu unterstützen.
SANA vermeldete weiterhin, dass Macron al-Scharaa zu dessen erstem Besuch in Europa nach Paris eingeladen hat. Der französische Präsident plant, am 13. Februar in Paris eine internationale Konferenz zu Syrien zu veranstalten.
Al-Scharaa, der früher mit al-Qaida und der von den USA und Großbritannien als terroristisch eingestuften Gruppierung Haiat Tahrir asch-Scham (HTS) verbunden war, begann seine erste Auslandsreise am Sonntag mit einem Besuch in Saudi-Arabien. Am Dienstag traf er sich in Ankara mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Vor etwa zwei Monaten stürzte eine von der sunnitisch-islamistischen HTS angeführte Rebellenallianz Assad in einer schnellen Offensive, was die gegenwärtige Unterstützung der islamistischen Gruppierungen in Syrien durch westliche Staaten verstärkt.
Weiterführende Informationen –Annäherung des Wertewestens an Islamisten: Baerbock in Syrien eingetroffen