Deutsche Diplomatie in Damaskus: Neue Wege nach dem Machtwechsel in Syrien

Das deutsche Auswärtige Amt hat zum ersten Mal seit dem Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad eine Delegation nach Damaskus entsendet. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die aktuelle Situation zu bewerten und direkte Kontakte mit Vertretern der neuen Übergangsregierung herzustellen. Angeführt wird die vierköpfige Gruppe von Tobias Tunkel, dem Beauftragten des Ministeriums für den Nahen und Mittleren Osten. Sie traf am Dienstagmorgen in Syriens Hauptstadt ein, wo Tunkel sich mit Abu Muhammad al-Dschaulani, dem Anführer der islamistischen Miliz Hay’at Tahrir al-Scham (HTS), austauschte.

Diese deutsche Initiative ist Teil einer Reihe von Besuchen westlicher Delegationen, die jüngst in Damaskus stattfanden. Erst am Vortag hatte der Leiter der EU-Delegation für Syrien, der deutsche Diplomat Michael Ohnmacht, in Damaskus erste Gespräche geführt. Dabei traf er sich mit Vertretern verschiedener islamistischer Gruppen, einschließlich Mitgliedern der HTS und dem derzeit amtierenden de facto Außenminister.

Kaja Kallas, die EU-Außenbeauftragte, beschrieb die Gespräche am vergangenen Dienstag als „konstruktiv“. Die EU erwägt, ihre diplomatische Vertretung in Damaskus wiederzueröffnen, um dort voll operationell zu sein, da bisher die EU-Mitarbeiter aus Beirut operierten und es keinen akkreditierten Botschafter in Damaskus gab. Das Auswärtige Amt erkundet ebenso die Machbarkeit, eine ständige diplomatische Präsenz in Damaskus zu etablieren.

In einem Brief an die Mitglieder des Europäischen Rates deutete die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, eine Verstärkung der finanziellen Unterstützung für Syrien und dessen Nachbarländer an. Sie sprach von der Möglichkeit, die bereits finanzierten Maßnahmen in Syrien, die grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung sowie Energie- und Wasserversorgung umfassen, weiter auszubauen.

HTS, ehemals bekannt als Al-Nusra-Front und mit Al-Qaida verbunden, ist ein Bündnis islamistischer Milizen, das seit mehreren Jahren Teile von Idlib kontrolliert. Kürzlich orchestrierte HTS einen Staatsstreich in Syrien. Westliche Medien bemühen sich gegenwärtig, das Image von HTS aufzubessern, um den Weg für die Anerkennung des pro-türkischen und islamistisch geprägten Regimes in Syrien zu ebnen.

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