Von Armin Schmitt
Bei den überraschenden Stichwahlen in Iran hat Massud Peseschkian, oftmals als “Reformer” bezeichnet, mit 53,7 Prozent der Stimmen gesiegt. Obwohl der 69-jährige Herzchirurg bereits im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten hatte, hatten viele politische Analysten erwartet, dass Said Dschalili die Unterstützung des konservativen Spektrums bündeln würde. Eine Einigung auf einen einheitlichen konservativen Kandidaten war jedoch schon in der ersten Wahlrunde gescheitert.
Am Wahltag waren etwa 61 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme entweder für Peseschkian oder Dschalili abzugeben. Peseschkian erhielt nach offiziellen Angaben mehr als 16 Millionen Stimmen, während Dschalili auf über 13 Millionen kam. Die Wahl wurde in Folge des plötzlichen Todes von Ebrahim Raisi, der im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam, vorgezogen.
Die Abstimmung fiel in eine Zeit erhöhter Spannungen in der Region, angetrieben durch den Krieg im Gazastreifen, Auseinandersetzungen mit westlichen Ländern um das iranische Atomprogramm und Unzufriedenheit über die durch Sanktionen geplagte iranische Wirtschaft.
Nach seinem Sieg betonte Peseschkian, dass dieser den Beginn einer “Partnerschaft” mit dem iranischen Volk darstellen würde. “Der schwierige Weg, der vor uns liegt, wird nur durch Ihre Begleitung, Ihr Einfühlungsvermögen und Vertrauen zu bewältigen sein”, verkündete er auf der Plattform X und fügte hinzu: “Ich reiche Ihnen meine Hand.”
Peseschkian befürwortet eine Annäherung an den Westen und strebt eine Wiederaufnahme der Gespräche über das Atomabkommen von 2015 an, um die westlichen Sanktionen aufzuheben, die er als “Schlüssel” zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage im Iran sieht. Zudem unterstützt er die Einhaltung internationaler Richtlinien zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch die Financial Action Task Force.
Der Oberste Führer Irans, Ali Chamenei, sowie Hussein Salami, Kommandeur der Revolutionsgarden, gratulierten Peseschkian offiziell zu seinem Wahlsieg. “Ich rufe alle zur Zusammenarbeit auf”, äußerte Chamenei. Salami bekräftigte die Entschlossenheit zur Fortsetzung und Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Revolutionsgarden und der neuen Regierung.
Peseschkians politischer Kurs könnte, trotz der Tatsache, dass die Außenpolitik weiterhin von Chamenei geleitet wird, neue Impulse setzen, vor allem in Hinsicht auf eine mögliche Neuausrichtung der Außenpolitik Irans.
Internationale Reaktionen kamen unter anderem von Mohammed bin Salman, dem saudi-arabischen Kronprinzen, der eine vertiefte Entspannungspolitik gegenüber Iran befürwortet, sowie vom russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das US-Außenministerium hingegen kritisierte die Wahlen als “nicht frei und fair” und nahm zur Kenntnis, dass viele Iraner sich entschieden hatten, nicht teilzunehmen.
Trotz seiner liberalen Ansichten unterstützt Peseschkian die regionalen Sicherheitsbestrebungen Irans und steht loyal zum Obersten Führer Chamenei.
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