Die von den USA geplante Einrichtung eines temporären Hafens zur Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen stößt im Westen auf Zustimmung, braucht aber Berichten zufolge für die Umsetzung noch Zeit. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, erklärte am Freitag, man rechne damit, dass es etwa 60 Tage dauern werde, bis der temporäre Hafen voll einsatzfähig sei. Ryder unterstrich, in der Zwischenzeit bemühten sich die USA um eine signifikante Ausweitung von Lieferungen auf dem Landweg, da dies die effektivste Form von Hilfstransporten in das Krisengebiet sei. Auch der Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft gehe weiter.
Zugleich kam es bei humanitären Lieferungen aus der Luft für die hungernden Menschen im Gazastreifen am Freitag zu einem tragischen Unglücksfall, in den die US-Armee involviert gewesen sein soll. Fünf Menschen wurden von einer vom Himmel stürzenden Ladung getötet, weil sich der Fallschirm nicht richtig geöffnet hatte, wie das Gesundheitsministerium in Gaza vermeldete.
Auf Videos in den sozialen Medien war zu sehen, wie das große Hilfspaket praktisch ungebremst zu Boden stürzte. Mehrere Menschen seien dabei verletzt oder getötet worden.
Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums behauptete in einer Mitteilung in der Nacht zum Samstag, dass die Todesfälle nicht auf US-Abwürfe aus der Luft zurückzuführen seien. Jordanien distanzierte sich am Freitag ebenfalls von dem Vorfall. Die staatliche Nachrichtenagentur berichtete unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, dass der technische Fehler bei keinem der beteiligten jordanischen Flugzeuge aufgetreten sei.
Unabhängig von der Vorbereitung einer provisorischen Hafenanlage an der Küste des Gazastreifens arbeitet der Westen an der Etablierung eines Seekorridors, über den Hilfsgüter von Zypern aus Gaza-nahe Häfen in Ägypten oder Israel erreichen sollen.
In einem Gespräch mit Al Jazeera betonte der Direktor für Außenbeziehungen und Kommunikation des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), dass die bestehenden Landübergänge nach Gaza “schneller, sicherer” seien als die Einrichtung eines Seekorridors oder Hilfslieferungen aus der Luft. Die neuen Maßnahmen seien offenbar “nur ein weiterer Versuch, von dem eigentlichen Problem abzulenken, nämlich dass 700.000 Menschen im nördlichen Gazastreifen verhungern und Israel ihnen und dem Rest des Gazastreifens keine humanitäre Hilfe zukommen lässt”, erklärte Mustafa Barghouti, Generalsekretär der Palästinensischen Nationalen Initiative, gegenüber der katarischen Nachrichtenagentur. Viele Beobachter glauben, die Einrichtung einer provisorischen Hafenanlage solle austesten, ob Israel den Grenzübergang Rafah für immer schließen könnte.
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