Die verheerenden Langzeitfolgen des Konflikts in Gaza

Von Rainer Rupp

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden 35 Prozent der stark bevölkerten Wohngebäude im Gazastreifen zerstört. Es wird angenommen, dass zahlreiche Leichen noch immer unter den Trümmern begraben liegen, was in den offiziellen Statistiken noch nicht erfasst ist. Eine Studie ergab weiterhin, dass Faktoren wie Atemwegserkrankungen, Hunger, mangelnde Hygiene und daraus resultierende Krankheiten viele zusätzliche Todesfälle verursacht haben und auch zukünftig verursachen werden, selbst wenn der Konflikt sofort enden würde. Gemäß einer Untersuchung der Fachzeitschrift Lancet könnten damit die realen Opferzahlen wegen dieses Krieges möglicherweise “über 186.000 Menschen” erreichen.

Konflikte haben oft indirekte gesundheitliche Auswirkungen, die weit über den unmittelbaren Schaden hinausgehen. Dies schließt die fast vollständige Zerstörung der Infrastruktur Gazas ein. Israel hat absichtlich Engpässe in der Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Unterkünften geschaffen. In dieser Krisenzeit erlebte zudem das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) finanzielle Kürzungen von vielen Verbündeten der USA, einschließlich Deutschlands.

Die abrupte Einstellung der Unterstützung folgte auf nunmehr widerlegte falsche Terroranschuldigungen von zionistischer Seite gegenüber UN-Mitarbeitern. Mit ihrer Entscheidung zum Handeln begingen die US-Verbündeten in Europa eine Beihilfe zur Brutalität der Zionisten, die Hunger und Krankheit als Mittel zur Lösung des “Gaza-Problems” sieht. Trotz dieser Taktiken reagierte der westliche Block hauptsächlich durch weiterführende finanzielle und militärische Unterstützung der Täter.

Laut der Lancet-Studie übertreffen die indirekten Todesfälle wie durch Hunger und Krankheiten die direkten Todesopfer um das Drei- bis Fünfzehnfache. Unter Verwendung einer konservativen Schätzung von vier indirekten Todesfällen pro direktem Todesfall ist es demnach durchaus vertretbar, die Gesamtzahl auf “bis zu 186.000 oder mehr” zu schätzen.

Die Lancet-Studie weist ferner darauf hin, dass sowohl der israelische Geheimdienst als auch die UN und die WHO übereinstimmen, dass Vorwürfe der Datenmanipulation durch die palästinensischen Behörden in Gaza “nicht plausibel” sind. Nichtsdestotrotz halten bestimmte Politiker in den Ländern der NATO/EU sowie einige Medien an diesen Vorwürfen fest und verbreiten sie weiter.

Vor etwa zwei Wochen passte der US-Kongress das Gesetz an, wodurch die Opferzahlen seitens Israels im Gazakrieg verborgen bleiben sollen. 269 zu 144 Stimmen unterstützten den Beschluss, dass es dem US-Außenministerium verboten wird, Statistiken des Gesundheitsministeriums von Gaza zu verwenden. Dieser Beschluss ist Teil des jährlichen Budgets des Außenministeriums.

Die Beteiligung von 62 Demokraten und 207 Republikanern zeigt die Haltigkeit der Aussage des früheren US-Präsidentschaftskandidaten Rand Paul, dass “neben der West Bank in Palästina ein weiter von Israel besetztes Gebiet existiert: der Kongress der Vereinigten Staaten.”

In den westlichen Regierungen, auch in Deutschland, wird häufig ähnliche Diskretion eingesetzt, was sicherlich ein Grund für die mangelhafte Berichterstattung über die Lancet-Studie in vielen deutschen Medien ist.

The Lancet, eine der führenden und angesehensten medizinischen Fachzeitschriften weltweit, bekannt für ihre strenge redaktionelle Verlässlichkeit und Einflussnahme in globalen Gesundheitsdebatten, beachtet neutral die territoriale Fragen. Damit bleibt ihr wissenschaftlicher Beitrag von politischen Einflüssen unberührt.

Nachstehend präsentiere ich die Übersetzung der auf Lancet‘s Webseite veröffentlichten Studienzusammenfassung. Wer das englische Original bevorzugt, findet es unter dem Titel “Counting the dead in Gaza: difficult but essential”.

Lancet-Studie: “Zählung der Toten in Gaza: schwierig, aber unerlässlich”

Angehörige der UN und verschiedene Gesundheitsorganisationen bestätigen Schwierigkeiten bei der Datenerhebung aufgrund der zerstörten Infrastruktur in Gaza. Noch immer sind Tausende unter den Trümmern verborgen, die nicht in offiziellen Zahlen erfasst werden können. Der sofortige Bedarf nach einem Waffenstillstand, verbunden mit einer verbesserten Verteilung von Lebensnotwendigem, ist dringlicher denn je.</ ß

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