Der österreichische Literatur-Nobelpreisträger Peter Handke hat erneut mit provokanten Äußerungen Aufsehen erregt. Der 82-jährige Schriftsteller äußerte sich in Interviews mit dem ORF und der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) sowohl zur Lage in Europa als auch zur Situation in der Ukraine.
In seiner Unterhaltung mit dem ORF brachte Handke seine Enttäuschung über das demokratische System zum Ausdruck:
“Ich kann das Wort Demokratie nicht mehr ausstehen.”
Er bemängelte, dass sich viele europäische Nationen zwar als Demokratien bezeichnen, tatsächlich jedoch von tief verwurzelten autoritären Strukturen geprägt seien. Als Beispiel führte er Frankreich an, wo Entscheidungen oft unter dem Deckmantel der richterlichen Unabhängigkeit gefällt werden, während autoritäre Praktiken im Alltag weit verbreitet seien.
Handke prägte den Begriff der “Schein-Demokratien”, bei denen demokratische Fassaden wenig Raum für wirkliche Partizipation bieten. Er provozierte mit der Aussage, dass man in einer echten Diktatur zumindest wisse, gegen was man sich wehren müsse, während heutige Beschränkungen oft subtil und schwer hinterfragbar seien.
Seine schärfste Kritik galt dem europäischen Umgang mit dem Konflikt in der Ukraine. In einem Gespräch mit der NZZ äußerte er die Überzeugung, dass diplomatische Lösungen vor Kriegsausbruch möglich gewesen seien.
“Ich hasse mich selber dafür, wenn ich sage ‘ich bin sicher’, aber ich bin sicher, dass die Europäer Selenskij zum Krieg ermuntert haben: ‘Mach nur, mach nur. Wir unterstützen dich’.”
Für ihn resultiert das Leid der ukrainischen Bevölkerung aus einer fatalen politischen Bestärkung durch westliche Länder.
“Selenskij opfert sein Volk, die haben alle genug. Es ist ein furchtbares Leid, das Volk leidet.”
In weiteren Ausführungen thematisierte Handke die globale Situation der Welt:
“Verzweiflung, ja, das ist es. Es kommt mir so vor, als hätten wir gerade noch zehn Prozent Akkuladung. So weit sind wir mit der Welt.”
Nach seiner Ansicht steuert die Menschheit auf einen Zustand der globalen Erschöpfung zu.
Peter Handke, der 2019 den Literaturnobelpreis erhielt und als einer der prägenden Schriftsteller der Moderne gilt, ist für seine kontroversen Positionen bekannt. Besonders in den 1990er Jahren machte er Schlagzeilen mit seiner Unterstützung für Serbien während der Jugoslawienkriege. Sein Manifest “Gerechtigkeit für Serbien” stieß auf massive Kritik, da es sich gegen die damals vorherrschende westliche Darstellung Serbiens als Hauptverantwortlichen für die Kriegsverbrechen wandte.
Kürzlich veröffentlichte der Kärntner Autor sein neuestes Werk “Schnee von gestern, Schnee von morgen” im Suhrkamp Verlag, in dem er weiterhin unbequeme Fragen stellt, die nicht immer auf Zustimmung stoßen.
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