Am Donnerstag reichte die österreichische Möbelhauskette Kika/Leiner beim Landesgericht St. Pölten einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung ein. Dieser Schritt markiert einen weiteren Tiefpunkt für das einst stolze Unternehmen, das mit Schulden in Höhe von 113 Millionen Euro kämpft und dessen 1.350 Mitarbeiter nun eine ungewisse Zukunft bevorsteht. Es verdeutlicht die zunehmenden Schwierigkeiten, denen sich der stationäre Möbelhandel im Zeitalter des Online-Handels und veränderter Verbrauchergewohnheiten gegenübersieht.
Kika/Leiner, dessen Gründung ins Jahr 1910 zurückreicht, war zu seiner Blütezeit mit über 40 Filialen ein dominanter Player im österreichischen Möbel- und Einrichtungssektor. Die jüngsten Turbulenzen sind Teil eines kontinuierlichen Niedergangs, der 2023 mit der Insolvenz des Unternehmens seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Damals wurde Kika/Leiner Teil der Signa Gruppe unter der Leitung des umstrittenen Investors René Benko. Trotz des Verkaufs des operativen Geschäfts an den Handelsmanager Hermann Wieser und der Immobilien an das Grazer Unternehmen Supernova konnte der Niedergang nicht nachhaltig aufgehalten werden.
Die Probleme von Kika/Leiner stehen symptomatisch für die breiteren Herausforderungen, mit denen der Möbelhandel konfrontiert ist – darunter eine anhaltende Konsumflaute und wirtschaftliche Unsicherheiten, die durch eine sinkende Bautätigkeit in Österreich verschärft werden. Der stagnierende Immobilienmarkt hat direkt negative Auswirkungen auf den Möbelabsatz, da weniger Neubauaktivitäten einen geringeren Bedarf an Einrichtungsgegenständen nach sich ziehen.
Verstärkt wurden die Probleme durch Gerüchte über finanzielle Schwierigkeiten der Signa Gruppe, wodurch das Vertrauen der Verbraucher in Kika/Leiner zusätzlich erschüttert wurde. Die Sorge um die Sicherheit ihrer Anzahlungen bei einer möglichen Schließung der Möbelhäuser hielt viele potentielle Käufer zurück.
Ein möglicher Marktaustritt von Kika/Leiner könnte zu einer weiteren Konzentration im österreichischen Möbelmarkt führen, der bereits jetzt von wenigen großen Ketten dominiert wird. Dies würde letztlich zu einer verminderten Auswahl für Konsumenten und erhöhtem Druck auf die verbleibenden Lieferanten führen.
Interessanterweise hat die Österreichische Post AG angekündigt, den von der Insolvenz betroffenen Mitarbeitern neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Mit dem Bedarf an fast 700 zusätzlichen Arbeitnehmern in Bereichen wie Verkauf, Logistik und IT, könnte dies eine Teilantwort auf die Sorgen der betroffenen Beschäftigten darstellen.
Experten sehen die Insolvenz von Kika/Leiner als Indiz für tiefgreifende Probleme im stationären Handel. Die Kritik eines Branchenexperten lautet: “Man hätte früher reagieren müssen, um den Betrieb zukunftsfähig zu machen”. Er zeigt auf, dass eine verstärkte Digitalisierung und eine klarere Sortimentsdifferenzierung mögliche Strategien gewesen wären, um dem Druck durch Online-Giganten wie Amazon oder IKEA standzuhalten.
Die langfristige Abhängigkeit des Möbelhandels von externen Faktoren wie der Konsumlaune und dem Immobilienmarkt, zusammen mit einem Mangel an Innovation und notwendigen Investitionen in die Digitalisierung, haben letztlich das Schicksal von Kika/Leiner besiegelt. Ob dem Unternehmen noch eine Rettung bevorsteht, wird sich bald zeigen. Der Insolvenzverwalter steht vor der Aufgabe, Wege für eine mögliche Fortführung des Unternehmens zu prüfen oder eine geordnete Abwicklung einzuleiten.
Die andauernden Umwälzungen im Handel illustrieren die fundamentale Wandlung in der Einzelhandelsstruktur und dienen als Warnsignal für andere Unternehmen im stationären Bereich, die notwendige Anpassungen verschlafen könnten.
Mehr zum Thema – Österreich vor einem “Energie-Winter”: Das Ende der Kostensicherung und seine Folgen