Das Wiener Landesgericht hat die Tageszeitung Der Standard dazu verurteilt, eine Entschädigung in Höhe von 20.250 Euro an die FPÖ-Politiker Harald Stefan, Martin Graf und Klubdirektor Norbert Nemeth zu zahlen. Diese Entscheidung folgte auf einen Artikel des Blattes bezüglich eines Begräbnisses, bei dem das kontrovers diskutierte “Wenn alle untreu werden”, auch bekannt als das “SS-Treuelied”, gesungen wurde. Das Urteil ist noch nicht endgültig.
Kontroverse um Berichterstattung
Die Klage gegen die Zeitung wurde eingereicht, nachdem berichtet wurde, dass bei der Beisetzung eines Burschenschafters das fragliche Lied gesungen wurde. Der Standard beschrieb, dass die anwesenden FPÖ-Politiker auf das Lied, das in der Nazizeit missbraucht wurde, nicht reagierten. Die Politiker verteidigten sich damit, dass das Lied ursprünglich ein Volk- und Studentenlied aus dem 19. Jahrhundert sei und keine Verbindungen zum Nationalsozialismus aufweise. Das Gericht, unter Vorsitz von Richter Daniel Potmesil, erklärte die Berichterstattung für rufschädigend, da keine klare Verbindung des Liedes zur SS-Version belegt werden konnte.
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker bezeichnete das Urteil als Niederlage für Der Standard und kritisierte die Zeitung für die Verwendung von mit versteckter Kamera aufgenommenem Material während des privaten Ereignisses. Er warf dem Blatt pietätloses und rufschädigendes Verhalten vor, weil die Politiker nicht für den Inhalt des Liedes verantwortlich waren. Demgegenüber betonte der Anwalt der Zeitung, Michael Pilz, dass die Berichterstattung lediglich Tatsachen und Verdächtigungen dargelegt habe, und kündigte Berufung gegen das Urteil an. Er verwies darauf, dass das Gericht die geschichtliche Kontextualisierung des Liedes, insbesondere dessen Adaption durch die SS, ignoriert habe. Die Diskussion um diesen Fall beleuchtet die komplexe Balance zwischen journalistischer Freiheit und dem Schutz der persönlichen Ehre.
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