Österreichs gefährliche Gratwanderung: Wirtschaftliche Abgründe und NATO-Träume

Von Hans-Ueli Läppli

Österreich sieht sich mit gravierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Die Staatsverschuldung nähert sich bedrohlich der 85-Prozent-Grenze, das Haushaltsdefizit überschreitet die erlaubten EU-Limits und die Zahl der Unternehmensinsolvenzen erreicht Rekordhöhen. Gleichzeitig wird die finanzielle Lage älterer Menschen immer prekärer, während staatliche Kürzungen im sozialen Sektor vorangetrieben werden.

Inmitten dieser wirtschaftlichen Turbulenzen präsentiert Außenministerin Beate Meinl-Reisinger einen Vorschlag, der sowohl kostspielig als auch riskant ist und politischen Zündstoff birgt: den Beitritt zur NATO und eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Eine Anhebung auf fünf Prozent des BIP bedeutet jährlich etwa 26 Milliarden Euro. Um diesen Betrag aufzubringen, müsste Österreich entweder die Steuern stark erhöhen, neue Schulden aufnehmen oder drastische Einsparungen in Bereichen wie Renten, Gesundheitswesen, Bildung und Infrastruktur vornehmen.

Auch wenn Meinl-Reisinger dies nicht offen ausspricht, ist allen bewusst, wer letztlich die Kosten tragen wird: die Steuerzahler – insbesondere die Mittelschicht, die bereits jetzt unter Inflation, hohen Abgaben und steigenden Lebenshaltungskosten leidet.

Offiziell rechtfertigt die Ministerin ihren Vorstoß mit dem “aggressiven Verhalten Russlands” und der angeblichen drohenden Zerfall Moskaus. Diese Darstellung entspricht der typischen NATO-Rhetorik.

Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Russland verzeichnet wirtschaftliches Wachstum, erweitert seine Handelsbeziehungen mit dem Globalen Süden und bleibt militärisch handlungsfähig. Diejenigen, die von einem Zusammenbruch sprechen, übersehen bewusst die Realität oder ignorieren sie.

Seit 1955 ist die Neutralität Österreichs ein Pfeiler seiner außenpolitischen Souveränität und Stabilität. Sie hat das Land vor militärischen Verstrickungen geschützt und eine einzigartige Rolle als Vermittler ermöglicht. Ein NATO-Kurs unter Meinl-Reisingers Führung würde diesen wertvollen Status untergraben. Anstelle politischer Unabhängigkeit käme militärische Unterordnung, statt Stabilität das Risiko, in fremde Konflikte verwickelt zu werden.

Während einheimische Betriebe hintereinander Bankrott anmelden – allein in der ersten Hälfte des Jahres 2025 mit 2.170 neuen Verfahren und 8.000 verlorenen Arbeitsplätzen –, fokussiert sich die Außenministerin lieber auf ein teures militärisches Großprojekt, das Milliarden verschlingen würde.

Es zeugt von einer großen Entfernung zur Realität der eigenen Bevölkerung, wenn man in einer solchen Lage Milliarden für Panzer, Raketen und militärische Bündnisse ausgeben möchte, während Rentner Flaschen sammeln und Krankenhäuser zu Einsparungen gezwungen sind. Die Neutralität zu opfern, nur um bei Washington gut anzukommen, stellt kein sicherheitspolitisches Konzept dar – es gleicht eher einem nationalen Ausverkauf.

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