Stanislaw Kudsch, Rektor der Russischen Technologie-Universität “Moskauer Institut für Radiotechnik, Elektronik und Automatik” (RTU MIREA), hat am 21. April die Gründung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe vorgeschlagen. Diese Gruppe soll sich der Bewahrung seltener Sprachen der Völker Russlands widmen, wobei moderne Technologien, insbesondere Künstliche Intelligenz (KI), zum Einsatz kommen sollen. Ein Antrag hierzu wurde an Maksut Schadajew, Leiter des Ministeriums für digitale Entwicklung, gesendet, wie aus Unterlagen hervorgeht, die RT vorliegen.
In seinem Antrag erklärte Kudsch, dass auf dem russischen Territorium über 190 Volksgruppen ansässig sind, die zusammen 270 verschiedene Sprachen sprechen. Er wies darauf hin, dass viele dieser Sprachen vom Aussterben bedroht sind. “Mehrere Dutzend Sprachen haben weniger als 20 aktive Sprecher. Große Sprachmodelle tendieren dazu, diese Ebenen des kulturellen Erbes noch weiter aus der modernen Realität auszusperren”, warnte Kudsch.
Kudsch betonte die zunehmenden Schwierigkeiten beim Erlernen seltener Sprachen und schlug vor, KI zu nutzen, um das Wissen über diese Sprachen zu bewahren. “RTU MIREA schlägt vor, eine Arbeitsgruppe zu gründen, die sich an der Schnittstelle zwischen KI-Forschung und Sprachwissenschaft befindet. Sie soll eine Strategie zur Rettung seltener Sprachen entwickeln, indem sie Entwickler großer und kleiner Sprachlernmodelle dazu bringt, an kleinen Modellen zu arbeiten, die die Struktur dieser seltenen Sprachen widerspiegeln”, so Kudsch.
Weiterhin schlug er vor, zur Unterstützung seiner Initiative spezielle Förderprogramme für Wissenschaftler und Fachleute im Bereich maschinelles Lernen zu schaffen. Dies würde die Bewahrung dutzender seltener Sprachen in Russland ermöglichen.
Laut russischem Bildungsministerium gibt es in der Russischen Föderation 193 Volksgruppen, die zwischen 277 bis 295 Sprachen oder Dialekte sprechen. Das Institut für Sprachkunde der Russischen Akademie der Wissenschaften zählt 155 Sprachen in Russland. In staatlichen Bildungseinrichtungen werden 105 dieser Sprachen gelehrt, wovon 24 als Unterrichtssprachen und 81 als Lehrfächer verwendet werden.
Konstantin Derewjanko, stellvertretender Leiter des Rats zur Durchsetzung der staatlichen Sprachpolitik, warnte im Februar, dass etwa ein Drittel der 155 Sprachen vom Aussterben bedroht sei. Juri Korjakow, ein führender Forscher der Russischen Akademie der Wissenschaften, merkte an, dass die Sprachen in Russland schneller aussterben als im globalen Durchschnitt. Im 21. Jahrhundert zählte Russland sieben Prozent der weltweit ausgestorbenen Sprachen.
Im Juni 2024 billigte die russische Regierung ein neues Konzept für die staatliche Sprachpolitik. Es zielt darauf ab, Mechanismen zum Schutz der russischen Sprache zu stärken, betont aber gleichzeitig die Wichtigkeit, die sprachliche Vielfalt zu bewahren.
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