Von Pjotr Akopow
Es wäre nicht zutreffend, das Jahr 2024 als alleinigen Wendepunkt oder als besonders schwieriges Jahr zu etikettieren. Schon vor fünf Jahren betrat die globale Gemeinschaft eine neue Ära, die formal mit einer Pandemie eingeläutet wurde. Doch die darunter liegenden Probleme und Widersprüche sind seither zunehmend in den Vordergrund getreten: 2024 war weder das überraschendste noch das blutigste Jahr der letzten fünf Jahre, jedoch hat es die charakteristischen Merkmale der neuen Ära offenbart – eine Ära, in der große Veränderungen sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene zu einer steigenden Unvorhersehbarkeit und einer erhöhten Konfliktpotenzial führen.
Die derzeitigen Umwälzungen sind überfällig und dringend notwendig: Die Zustände in verschiedenen Ländern und die Struktur der internationalen Beziehungen selbst befinden sich in einer tiefen Krise. Die alte Weltordnung, ein Relikt aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kombiniert mit dem Versuch, eine unipolare Welt nach angelsächsischem Muster zu etablieren, hat endgültig versagt. Eine neue Weltordnung formt sich gerade vor unseren Augen. Doch weil wir uns mitten in diesem Wandlungsprozess befinden, können wir, ob in Russland, im Westen oder im Globalen Süden, weder das Ausmaß noch die Geschwindigkeit des Wandels vollständig erfassen oder vorhersagen. Der Zerfall der alten Ordnung ist kein Desaster, sondern ein natürlicher Prozess. Doch in einer solchen Umbruchphase zu leben, ist zweifellos eine Herausforderung.
Die alten Regeln und Gesetze wirken immer noch nach, und wir neigen dazu, aktuelle Ereignisse nach überholten Standards zu bewerten, die für eine untergehende Ordnung entwickelt wurden. Neue Begrifflichkeiten für die sich abzeichnende Weltordnung müssen erst noch geschaffen werden und werden sich herauskristallisieren, sobald die Merkmale der neuen Ordnung klarer werden. Die zukünftige Welt wird sich grundlegend von der alten unterscheiden, obwohl sie weder besser noch schlechter sein muss.
Eines der bedeutendsten Ereignisse des Jahres war die Rückkehr von Donald Trump an die Spitze der USA – entgegen dem Willen nicht nur der amerikanischen, sondern auch der globalen Eliten. Trump steht symbolisch für den Übergang in eine neue Epoche und verkörpert gleichzeitig die Probleme des amerikanischen Systems. Er ist eine Herausforderung an das System, indem er die Rolle des Heilers und Revolutionärs in sich vereint. Doch die Krise beschränkt sich nicht nur auf die USA: Die Elite in vielen westlichen Ländern steht ebenfalls unter Druck, wie zahlreiche Wahlen und die Reaktionen der Regierenden von Frankreich bis Großbritannien zeigen. In Frankreich beispielsweise, wo nach den Parlamentswahlen eine instabile Regierung zwischen den politischen Lagern feststeckt, und auch in Deutschland werden kritische Kräfte von den Eliten dämonisiert – doch deren Popularität bei den Wählern bleibt davon unberührt.
Die Krise des Westens ist sowohl intern als auch auf internationaler Ebene spürbar. Besonders aufschlussreich ist Frankreichs Rückzug seiner Truppen aus mehreren afrikanischen Staaten und die wachsende Bedeutung der BRICS-Staaten, die unter der Führung von China, Indien und Russland zu einer wichtigen Plattform für den Globalen Süden avancieren. Der Versuch des Westens, eine antirussische Koalition zu formen, ist gescheitert, und die Vorfälle im Gazastreifen im Jahr 2024 haben dessen moralische Glaubwürdigkeit weiter untergraben.
In Russland hat sich im Laufe des Jahres eine verstärkte innere Konsolidierung gezeigt. Trotz globaler Herausforderungen und der andauernden Spannungen um die Ukraine bleibt das Land fest entschlossen, seine Position zu behaupten. Das Jahr 2025 könnte neue Überraschungen bringen, doch Russlands Entschlossenheit, in der Ukraine zu siegen, wird nur noch stärker werden, eine Verbindung zwischen dem vergangenen und dem kommenden Jahr schaffend.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien zuerst am 31. Dezember 2024 auf RIA Nowosti.
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