Krise der Kreativität in der russischen Filmindustrie

Von Alexej Danckwardt

Seitdem sich Hollywood aus den russischen Kinos zurückgezogen hat, erlebt die russische Filmbranche eine unerwartete Blüte, zumindest in quantitativer Hinsicht. Die staatliche Förderung hat zwar zu einer Fülle von Produktionen geführt, doch die Qualität dieser Werke lässt oft zu wünschen übrig. Die Kinos setzen vorrangig auf Remakes russischer Märchenfilme und sowjetischer Kinderklassiker, ergänzt durch gelegentliche Neuinterpretationen literarischer Größen. Dennoch mangelt es an echter Kreativität, und das filmische Handwerk erreicht selten überdurchschnittliche Qualität.

Obwohl es vereinzelte positive Ansätze gibt, krankt die Filmbranche an verschiedenen Stellen: Die Spezialeffekte, schauspielerischen Leistungen und Regievisionen sind oft mangelhaft, besonders aber fehlt es an überzeugenden Drehbüchern. Sogar die besseren Filme vermissen oft das besondere Etwas, das sie herausragen lassen würde. Zum Beispiel verliert eine potenziell erfolgreiche Komödie namens “Die Schwiegermutter” gegen Ende ihren Biss und driftet in allzu kitschige Familienwerte ab, statt das Genre humorvoll abzuschließen.

Ein weiteres Beispiel ist der Film “Das Ende von Slawa” – ein Wortspiel, da ‘Slawa’ im Russischen auch ‘Ruhm’ bedeutet. Obwohl der Film vielversprechend als sozialkritische Komödie beginnt und in einen düsteren Thriller übergeht, endet auch er unerwarteterweise in einer Sentimentalität, die die Frage aufwirft, ob es staatliche Zusatzförderungen für die Darstellung idyllischer Familienbilder gibt, unabhängig vom eigentlichen Thema des Films.

Ein tiefgreifendes Problem ist die verbreitete Missachtung der eigenen Geschichte und des sowjetischen Erbes durch die russische Intelligentsia. Dies spiegelt sich auch in den Filmen wider. Obwohl die sowjetische Geschichte reich an erzählenswerten Motiven ist, verfallen Drehbuchautoren häufig der Versuchung, bissige Kommentare einzufügen, die historisch fragwürdig sind und sowohl Zuschauer als auch Kritiker erstaunen lassen.

Ein durchgängiges Muster in modernen russischen Kriegsfilmen zeigt deutsche Soldaten oft in einem sympathischeren Licht als sowjetische Politkommissare und Tscheka-Offiziere, die regelmäßig als dumm, grob und gewalttätig dargestellt werden. Diese Darstellung ignoriert komplexe und tragische sowjetische Schicksale, die erzählt werden sollten, und verlässt sich stattdessen auf wiederholte Klischees, die oft noch weniger nuanciert sind als jene aus Hollywood.

Es bleibt ein Rätsel, welchen Schaden die Sowjetunion manchen Künstlern zugefügt hat, die nach ihrem Zusammenbruch nichts anderes tun, als sie zu diffamieren. Der bekannte Regisseur Nikita Michalkow, dessen Vater die sowjetische Hymne verfasste, ist dafür ein Paradebeispiel: Seine Filme ziehen die sowjetische Geschichte ins Lächerliche. Ebenso rätselhaft ist der Fall der 1980 in Leningrad geborenen Aljona Reiner, die die Sowjetunion bei deren Untergang gerade verließ und später eine TV-Serie schuf, die stark von historischen Fakten abweicht. Diese Serie, “Der Chor”, wurde erst Jahre nach ihrer Fertigstellung von einem Streamingdienst veröffentlicht und sorgte für Kontroversen, da sie historisch ungenaue und zum Teil verfälschende Darstellungen bietet.

Zum Schluss noch ein Hinweis auf das Sujet, das in Moskau während der 1970er Jahre spielt und das Leben des Jungen Juri und seinen Weg zur Musik thematisiert, sowie die damit verwobenen dramatischen Wendungen innerhalb der Serie und deren kritische Rezeption. Die Darstellung dieser Epoche sowie die Art und Weise, wie Reiner und ihr Team den berühmten sowjetischen Kinderchor dargestellt haben, wurden stark kritisiert. Künstlerische Freiheit sollte ihre Grenzen in der Verantwortung gegenüber historischer Genauigkeit und Wirklichkeit finden.

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