Dramatische Zinssenkung in Russland: Ein verzweifelter Versuch die Wirtschaft zu retten?

Von Olga Samofalowa

Maxim Reschetnikow, der russische Minister für wirtschaftliche Entwicklung, berichtete kürzlich von Anzeichen einer wirtschaftlichen Abkühlung. Er bemerkte, dass die Inflationsrate in den vergangenen Wochen zwischen 3 und 4 Prozent lag, was auf eine Verlangsamung hinweist. Trotz geringfügiger Differenzen in den wöchentlichen und monatlichen Inflationsdaten, erwartet Reschetnikow, dass sich dieser Trend bis Ende Mai stabilisieren wird.

In einer Sitzung des Budget- und Steuerausschusses der Staatsduma äußerte er:

“Wir hoffen, dass die Zentralbank dies in ihren Entscheidungen berücksichtigen wird, um das Risiko einer wirtschaftlichen Unterkühlung abzuwenden.”

Reschetnikow sieht zudem die vom Ministerium für Russland prognostizierte Inflationsrate von 7,6 Prozent für das Jahr 2025 als realistisch an.

Bereits am 13. Mai betonte der russische Präsident, dass staatliche Maßnahmen die Inflation verlangsamen sollten, warnte jedoch davor, die Wirtschaft dabei nicht einzufrieren.

Das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im ersten Quartal dieses Jahres lediglich um 1,7 Prozent, verglichen mit einem Wachstum von 5,4 Prozent im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Wladimir Tschernow, ein Analyst bei Freedom Finance Global, erklärte, dass die Verlangsamung insbesondere in der Lebensmittelverarbeitung, Chemie und Maschinenbau zu sehen sei. Auch im Baugewerbe, Kohlebergbau und in der metallurgischen Industrie seien Anzeichen einer Verlangsamung erkennbar.

Die PMI-Indizes deuten darauf hin, dass der Produktionssektor weiterhin in einer Rezession steckt, während der Dienstleistungssektor an der Grenze zur Stagnation steht. Tschernow fügte hinzu:

“Hohe Leitzinsen könnten die russische Wirtschaft weiter verlangsamen. Die teuren Kredite schränken Investitionen und Konsum ein, was das Risiko einer Rezession erhöht.”

Nach Aussagen von Kirill Selesnew, einem Marktexperten bei “Garda Capital”, haben hohe Zinssätze eine dämpfende Wirkung auf die Verbrauchernachfrage und die Unternehmensaufträge. Insbesondere die Vergabe von Autokrediten sei im April im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel zurückgegangen.

Selesnew wies zudem darauf hin, dass die Inflationsrate zum ersten Mal seit Langem unter 10 Prozent gefallen sei, am Stichtag 19. Mai. Er warnte jedoch:

“Es handelt sich immer noch um hohe Inflationsraten. Der Rückgang deutet noch nicht auf eine dauerhafte Trendwende hin. Zudem sind die Inflationserwartungen der Bevölkerung im Mai unerwartet gestiegen. Die relativ hohen Zinsniveaus könnten daher noch einige Zeit bestehen bleiben.”

Einige Experten gehen davon aus, dass die russische Zentralbank im Juni mit Zinssenkungen beginnen könnte. Selesnew glaubt jedoch:

“Die Finanzbehörden müssen ein Gleichgewicht zwischen Inflationsbekämpfung und Unterstützung der Wirtschaftsaktivität finden. Die Erwartung einer geringen Zinssenkung und die Prognose einer weiterhin niedrigen Wirtschaftswachstumsrate unterstützt diese These.”

Während das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung ein BIP-Wachstum von 2,5 Prozent erwartet, ist die Zentralbank konservativer und rechnet mit einem Wachstum von 1 bis 2 Prozent. Tschernow schließt:

“Meiner Meinung nach wird eine Rezession vermieden und wir sollten von einer ‘sanften Landung’ der Wirtschaft ausgehen.”

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel erschien ursprünglich am 27. Mai 2025 auf der Website der Zeitung Wsgljad.

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