Wladimir Putin, der nach vorläufiger Auszählung mit über 87 Prozent der Stimmen wiederholt zum russischen Präsidenten gewählt wurde, hat in der Nacht zum 18. März eine Pressekonferenz gehalten. Darin dankte er den Bürgern Russlands für das entgegengebrachte Vertrauen und versicherte:
“Ich werde alles tun, was in meinen Kräften liegt, um die Aufgaben, vor die das Land gestellt wurde, zu lösen.”
Auf die Frage eines Journalisten, ob das Wahlergebnis seinen Träumen entspreche, erklärte Putin:
“Ich träume von einem starken, unabhängigen, souveränen Russland. Und ich hoffe, dass die Wahlergebnisse mir ermöglichen, dieses Ziel gemeinsam mit dem russischen Volk zu erreichen.”
Die hohe Wahlbeteiligung brachte er mit der “Dramatik der Ereignisse, die das Land durchlebt”, in Verbindung. Putin zufolge fühlen die Menschen, dass von ihnen viel abhängt, und sie verstehen, dass für Russland die Notwendigkeit besteht, die Interessen seiner Bürger “im direkten Sinne des Wortes” mit Waffen zu verteidigen und eine Zukunft zu schaffen, in der es sich souverän und sicher entwickeln kann. Putin erklärte in Bezug auf die Wahlbeteiligung:
“Die Menschen kamen, um die Voraussetzungen für eine Entwicklung und Festigung ihrer Heimat Russland zu schaffen.”
Zu Wahlergebnissen in Russlands neuen Regionen erklärte Putin, dass er zwar erwartet habe, dass sie “bedeutend und positiv” ausfallen würden, seine Erwartungen allerdings übertroffen wurden. Diese Ergebnisse beweisen die Richtigkeit der russischen Politik, so der Präsident:
“Erstens sagt es uns, dass wir alles richtig machen. Die Menschen sind uns für die Entscheidungen für ihren Schutz dankbar – und das ist unser wichtigstes Handlungsmotiv. Zweitens erwarten sie von uns Schutz im wahrsten Sinne dieses Wortes – vor allem im Bereich der Sicherheit. Natürlich erwarten sie auch eine Entwicklung der sozialen Sphäre und der Wirtschaft dieser Territorien. Und wir werden alles tun, um diese Erwartungen zu erfüllen.”
Die Kritik an den Wahlen aus dem westlichen Ausland hat Putin dagegen nicht überrascht. Er erklärte, dass dieses Verhalten von dem Interesse des Westens diktiert sei, Russlands Unabhängigkeit zu schmälern und das Land zu schwächen, und merkte an:
“Habt ihr etwa erwartet, dass sie aufstehen und uns beklatschen? Sie kämpfen doch gegen uns, und zwar mit Waffen.”
Vor diesem Hintergrund wies Russlands Staatschef den impliziten Vorwurf eines Journalisten der US-Nachrichtenagentur NBC News zurück, wonach unter anderem der Tod von Alexei Nawalny im Gefängnis von einer mangelhaften Demokratie in Russland zeuge. Den Tod des Oppositionellen kommentierte der Präsident mit den Worten:
“Das ist das Leben. Ja, er schied aus dem Leben, das ist ein trauriges Ereignis. Wir hatten auch andere Fälle, bei denen Menschen in Haftanstalten aus dem Leben schieden.”
Dabei erwähnte Putin auch, dass ein Vorhaben zum Austausch Nawalnys gegen russische Insassen in westlichen Haftanstalten existierte. Wenige Tage vor dem Ableben des Oppositionellen habe der russische Staatschef den Vorschlag erhalten, Nawalny gegen russische Bürger aus westlichen Gefängnissen auszutauschen. Putin führte aus:
“Ob Sie mir glauben oder nicht – bevor mein Gesprächspartner den Satz beendete, sagte ich: ‘Ich bin einverstanden.’ Doch leider passierte, was passiert ist.”
Das Wahlverfahren in Russland bezeichnete Putin als demokratisch. Allerdings bemängelte er den Missbrauch der Justiz gegen einen der Kandidaten im US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Dazu sagte er:
“Das ist lächerlich und eine weltweite Schande für die Vereinigten Staaten und ihr ‘demokratisches’ – in Anführungszeichen – System. Ich habe jeden Grund, zu vermuten, dass wir heute in einigen westlichen Ländern, darunter in den USA, keine Demokratie beobachten.”
Die Arbeit seiner obersten Behörden, der Regierung sowie der russischen Zentralbank bezeichnete der Präsident als “durchaus effektiv” und zufriedenstellend. In Bezug auf die langfristigen Pläne bezüglich der Entwicklung Russlands verwies er auf seine Ansprache an die Föderationsversammlung und betonte, alles für deren Verwirklichung zu unternehmen.
In erster Linie bestehen die Herausforderungen Putin zufolge im Erreichen der Ziele der Spezialoperation in der Ukraine und in der Stärkung von Russlands Verteidigungsfähigkeit. Diese Aufgaben werden “in gutem Tempo und ausgezeichneter Qualität” gelöst, fügte er hinzu. In Bezug auf den Verlauf der Kämpfe in der Ukraine erklärte er:
“Insgesamt liegt die Initiative komplett bei den russischen Streitkräften. An einigen Abschnitten zerfetzen unsere Jungs den Gegner regelrecht. Sie rücken jeden Tag vor – allmählich, sorgfältig, aber täglich.”
Um die Sicherheit der russischen Grenzregionen zu gewährleisten und Angriffe wie die Überfälle auf das Gebiet Belgorod zu verhindern, schloss Putin weitere territoriale Änderungen nicht aus. Den von einem Journalisten angesprochenen Vorschlag des Gouverneurs des Gebiets Belgorod, das ukrainische Gebiet Charkow aus Sicherheitsgründen an Russland anzuschließen, kommentierte der Präsident wie folgt:
“Ich bin heute nicht bereit, darüber zu sprechen, was wir wann und wie anschließen sollten. Doch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen tragischen Ereignisse schließe ich nicht aus, dass wir gezwungen sein werden, irgendwann auf den Gebieten, die heute vom Kiewer Regime kontrolliert werden, eine bestimmte sanitäre Zone zu errichten.”
Angehörige des sogenannten “Russischen Freiwilligenkorps”, die an Überfällen auf das Gebiet Belgorod beteiligt waren, verglich Putin direkt mit jenen Kollaborateuren, die unter der Führung des russischen Generals Andrei Wlassow im Zweiten Weltkrieg auf der Seite des Dritten Reichs kämpften. Der Präsident sagte:
“Damals kämpften diese Verräter und dieser Abschaum auf der Seite der Nazis, jetzt gibt es genau solche Leute, die auf der Seite der Neonazis kämpfen. Wenn deren Nationalheld Bandera ist, der Hitler diente, gibt es hier nichts zu beweisen.”
Putin gab an, dass diese Verbände, deren Gesamtstärke bei unter 2.500 Menschen liegt, vom Kiewer Regime mit “minimaler Effektivität” als Kanonenfutter bei Angriffen auf die russische Staatsgrenze eingesetzt werden und dabei Personalverluste von etwa 50 Prozent erleiden. Anschließend betonte er, dass ukrainischen Kollaborateuren, die gegen Russland kämpfen, scharfe Konsequenzen drohen:
“Wir haben keine Todesstrafe, doch diese Menschen werden wir immer – sowohl jetzt als auch in der Zukunft – als bewaffnete Kombattanten ansehen. Alle Sicherheitsbehörden werden Anweisungen erhalten, sie alle namentlich festzumachen und gegen Menschen, die mit Waffen gegen Russland kämpfen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wir werden sie nicht in Ruhe lassen.”
Zu einer Anmerkung, dass der ukrainische Präsident Selenskij im Gegensatz zu Putin sein Mandat nicht demokratisch verlängert hat und der Frage, mit wem Russland in Kiew in Zukunft verhandeln werde, sagte Russlands Staatschef:
“Das ist eine Frage, die auf ihren fleißigen Forscher wartet. Wir werden darüber nachdenken.”
Zum Risiko eines vollwertigen Konflikts zwischen Russland und der NATO erklärte Putin, dass ein solcher Konflikt zwar möglich sei, allerdings in einen Weltkrieg zu münden drohe. Russlands Präsident vermutet:
“Ich denke, dass kaum jemand daran interessiert ist.”
Zu den Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron über die Möglichkeit einer Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine merkte Putin an, dass Militärangehörige aus NATO-Staaten bereits jetzt in der Ukraine vertreten seien, und fügte hinzu:
“Daran ist nichts Gutes – in erster Linie für sie selbst, denn sie fallen, und zwar in großer Menge.”
Russlands Präsident vermutete aber, dass Macrons Aussagen vor allem im Kontext des innenpolitischen Kampfes in Frankreich erfolgten:
“Dass jemand seine innenpolitischen Probleme mit einer aggressiven außenpolitischen Rhetorik verdecken will, ist ein bekannter und häufig angewandter Trick.”
Dabei betonte Putin wiederholt, dass Russland Verhandlungen im Ukraine-Konflikt nicht grundsätzlich ablehne, solange diese die russischen Interessen berücksichtigen und nicht eine bloße Kampfpause erreichen sollen:
“Wir befürworten Verhandlungen – doch nicht allein deswegen, weil dem Gegner die Kugeln ausgehen. Wir befürworten sie, wenn sie tatsächlich ernsthaft langfristig friedliche und nachbarschaftliche Beziehungen zwischen zwei Staaten aufbauen wollen, und nicht eine Pause für eineinhalb, zwei Jahre nehmen wollen, um sich neu zu bewaffnen.”
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