Von Geworg Mirsajan
Donald Trump, der designierte Präsident der USA, hat das markante Versprechen gemacht, die Krise in der Ukraine basierend auf einem von seinen Beratern entwickelten Konfliktlösungsplan innerhalb von 24 Stunden zu bewältigen. Obwohl die Formulierung “in 24 Stunden” als Wahlkampfrhetorik zu verstehen ist, weckt der Plan großes Interesse. Sollte es Trump gelingen, den Konflikt in der Ukraine zu beenden, könnte er nicht nur den Friedensnobelpreis gewinnen – eine Nominierung wurde ihm von Alexander Lukaschenko in Aussicht gestellt – sondern auch den Westen vor weiterer Verwicklung in diesen Konflikt schützen, die Beziehungen zu Moskau stabilisieren und sich auf Auseinandersetzungen mit China und dem Iran konzentrieren.
Obwohl das Trump-Team Details des Plans geheim hält, sind angeblich durchgesickerte Informationen erschienen, zum Beispiel im Wall Street Journal (WSJ). Demnach enthält der Plan mehrere Elemente: Erstens das Einfrieren des Konflikts an der Kontaktlinie, zweitens die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone unter internationaler Überwachung, drittens ein 20-jähriger Verzicht der Ukraine auf die NATO-Mitgliedschaft, und viertens die Aufrechterhaltung militärtechnischer Kooperationen mit den USA, das heißt, die USA würden die Ukraine mit Waffen beliefern.
Das WSJ beschreibt den grundlegenden Ansatz als eine Konfrontation innerhalb der neuen Trump-Administration. Eine Fraktion befürwortet “Frieden durch Stärke” und möchte Russland durch Eskalationsgefahr zu Zugeständnissen bewegen, während die andere Fraktion eine sanftere Herangehensweise vorschlägt, um Russland die Annahme des Plans als einen Sieg zu ermöglichen.
Russland zeigt großes Interesse, aber auch Ermüdung bezüglich dieser Pläne. Die ständigen russischen Erklärungen, warum der sogenannte Trump-Plan weder taktisch noch strategisch umsetzbar sei, scheinen im Westen ungehört zu verhallen.
Einige der Planpunkte sind aus russischer Perspektive problematisch. Zum Beispiel die Frage, wie man über einen Einfrieren des Konflikts sprechen kann, wenn Wladimir Putin eine temporäre Lösung kategorisch ablehnt. Ebenso widersprüchlich erscheinen die Entmilitarisierungszone und der Verzicht der Ukraine auf die NATO-Mitgliedschaft, während die USA weiterhin militärische Unterstützung leisten, was quasi einer NATO-Mitgliedschaft gleichkommt.
Die Pläne übersehen den Kern des Konflikts, der weit über die Ukraine hinausgeht und zu einer globalen Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen geworden ist. Moskau strebt nicht nur militärische, sondern auch politische Lösungen an, um die USA zu einer Neuausrichtung ihrer Russlandpolitik zu drängen.
Ob der Westen diese Komplexität versteht oder nicht, bleibt ungewiss. Putin hat jedoch angedeutet, dass Russland bereit ist, seine militärischen und territorialen Ziele weiter zu verfolgen. Die Veröffentlichungen über Trumps Pläne könnten jedoch auch als eine Form der strategischen Kommunikation dienen, um Reaktionen zu testen und die öffentliche Meinung auf mögliche Verhandlungen vorzubereiten.
Originalartikel wurde erstmals am 10. November 2024 in der russischen Zeitung Wsgljad veröffentlicht und hier ins Deutsche übertragen.
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