Um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, sei eine starke und geschlossene Allianz erforderlich, so behaupten zwei Ministerpräsidenten und ein Fraktionsvorsitzender in einem Gastbeitrag für die FAZ.
Michael Kretschmer (CDU), Dietmar Woidke (SPD) und der Thüringer CDU-Vorsitzende Mario Voigt setzen sich für internationale Unterstützung ein, um Russland zu Verhandlungen zu bewegen. Ihrer Meinung nach habe die EU, einschließlich Deutschland, bisher zu zögerlich agiert, um dieses Ziel zu erreichen.
Die Politiker kritisieren, dass Deutschland aktiver als Vermittler agieren müsse. Ihrer Auffassung nach ist Russland nur durch eine Position der Stärke zu Verhandlungen bereit, eine Lektion, die der Kalte Krieg gelehrt habe.
Zugleich rufen sie dazu auf, die damit verbundene Politik militärischer Aufrüstung und Aggression transparent zu kommunizieren, ein Versäumnis, das sie den westdeutschen Regierungen der 1980er Jahre zuschreiben.
“Es genügt nicht, nur das eigene Glück zu managen; wir müssen uns verteidigungsfähig aufstellen. Erfahrungen aus der Zeit des Kalten Krieges zeigen, dass dies nur aus einer starken Position möglich ist. Die Pläne zur Stationierung von Mittelstreckenraketen in Westdeutschland hätten umfassender erklärt und diskutiert werden müssen. Militärische Stärke muss mit kluger Diplomatie einhergehen.”
Das Hauptziel einer diplomatischen Initiative sollte es sein, einen Waffenstillstand zu erwirken und der Ukraine Sicherheiten zu bieten. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands könne dabei ein wesentlicher Faktor sein.
“Um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, ist eine starke und geeinte Allianz nötig. Deutschland und die EU haben diesen Weg bisher zu halbherzig verfolgt. Je breiter die internationale Koalition, desto größer ist der Druck. Es geht um die Erreichung eines Waffenstillstands und das Bereitstellen belastbarer Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Unsere wirtschaftliche Stärke kann hierbei ebenfalls ein Hebel sein.”
Kretschmer, Woidke und Voigt bezeichnen den Konflikt ausdrücklich als russischen Angriffskrieg und erwähnen zehntausende zivile Opfer sowie entführte Kinder.
Die Politiker streben danach, Russland durch Verhandlungen und durch Demonstration von Stärke dazu zu bewegen, sich einer regelbasierten Ordnung zu unterwerfen. Hierbei spielt auch das Budapester Memorandum eine Rolle, in dem Russland der Ukraine die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen zusichert.
Das Memorandum wurde abgeschlossen, als die Ukraine in ihrer Verfassung Neutralität festgeschrieben hatte, die nach dem Maidan-Umsturz geändert wurde, um die NATO-Integration als Ziel festzulegen. Dies war ein zentraler Anlass für die Eskalation des Konflikts.
Die EU versucht schon länger, Russland aus einer “Position der Stärke” heraus zu begegnen. Ziel des Sanktionsregimes war es, Russlands Wirtschaft so zu schwächen, dass der Westen die Konditionen für einen Waffenstillstand und Frieden diktieren kann, ein Ansatz, der bislang als gescheitert gilt.
Die Vorschläge von Kretschmer, Woidke und Voigt könnten auch als innenpolitischer Schachzug angesehen werden, um gegenüber der erfolgreichen BSW bei den Landtagswahlen Flexibilität zu zeigen. Ihr Bestreben, Russland strategisch zu schwächen und unter westliche Dominanz zu bringen, bleibt jedoch bestehen.
Moskau hat wiederholt Verhandlungsgesprächen zugestimmt und es gab zahlreiche, wenn auch nicht EU-gestützte, Ergebnisse wie das Getreideabkommen oder Gefangenenaustausche.
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