Die Situation im Süden des Kursker Gebiets in Russland bleibt auch am zweiten Tag nach einem Durchbruch der ukrainischen Grenze unübersichtlich und herausfordernd für die russische Seite. Entgegen früherer Berichte scheint es verfrüht, von einer Neutralisierung der ukrainischen Offensiven in dieser Region zu sprechen.
In den beiden größeren Siedlungen im Konfliktgebiet konnten die ukrainischen Kräfte bisher keine Kontrolle erlangen. Ein Reporter von Iswestija und des Fernsehsenders Pjatyj Kanal filmte am frühen Abend im Stadtzentrum von Sudscha. Die Aufnahmen dokumentieren schwere Gebäudeschäden, die laut dem Reporter und Augenzeugen durch Beschuss aus der Ukraine verursacht wurden. Auch das örtliche Krankenhaus wurde stark beschädigt. Berichten zufolge wurde ein Krankenwagen angegriffen, wobei der Fahrer und ein Sanitäter ums Leben kamen.
Sudscha ist etwa zehn Kilometer von der russisch-ukrainischen Grenze entfernt. Militärblogger, die bisher als zuverlässig galten, berichten von ukrainischen Einheiten in einem Vorort der Stadt. Demzufolge könnten sie etwa sieben bis acht Kilometer tief in russisches Territorium vorgedrungen sein. Diese Angaben sind jedoch nicht offiziell bestätigt.
Die Militärblogger spekulieren weiterhin, dass ukrainische Stoßtrupps versuchen, die Kreisstadt Korenewo zu erreichen, die etwa 30 Kilometer nordwestlich von Sudscha liegt. Ob und wie weit diese Bewegungen der Ukrainer fortschreiten, ist derzeit unklar. Aus Korenewo selbst liegen bisher keine Berichte über Gefechte vor.
Es wird berichtet, dass die ukrainischen Angreifer große Brutalität gegenüber Zivilisten an den Tag legen. Medienberichte über zivile Opfer, die gezielt ins Visier genommen wurden, häufen sich im Verlauf des Tages.
Die Plattform Readovka veröffentlichte das Video eines Mannes, der vom tragischen Tod seiner 24-jährigen Ehefrau berichtet. Sie wurde in der Nähe von Sudscha von ukrainischen Kräften getötet, als sie versuchte, mit ihrem Mann und ihrem kleinen Kind aus einem beschossenen Gebiet zu fliehen. Die junge Frau war auch schwanger mit ihrem zweiten Kind, als sie vor den Augen ihrer Familie erschossen wurde.
Der Militärexperte Boris Roschin (Telegram-Kanal: Colonelcassad) teilte ein Video, das den Beschuss eines zivilen Fahrzeugs durch einen ukrainischen Stryker-Panzerwagen zeigen soll. Ob es sich um denselben Vorfall handelt, über den Readovka berichtet, lässt sich zurzeit nicht feststellen.
Am Abend berichtete die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf das russische Gesundheitsministerium von 31 Verletzten, darunter sechs Kinder, durch ukrainischen Beschuss im Gebiet Kursk.
In einer weiteren Meldung von RIA Nowosti wird über schwere Schäden an einem russisch-orthodoxen Männerkloster in der Nähe von Sudscha berichtet. Ein Novize des Klosters wurde getötet, so berichtet es der Abt des Klosters, Hegumen Pitirim, der auch Schäden am Kloster bestätigte.
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