Vor einem Vierteljahrhundert entschied sich die Schweizerische Nationalbank (SNB), einen Großteil ihrer Goldreserven zu verkaufen. Zwischen 2000 und 2005 veräußerte sie täglich etwa eine Tonne dieses Edelmetalls, was zu Einnahmen von insgesamt 21,1 Milliarden Franken führte. Heute würde der Wert der damals verkauften 1300 Tonnen Gold etwa 112 Milliarden Franken betragen, womit dieser Schritt im Rückblick als kostspielig erscheint.
In der Vergangenheit stand Gold folglich als Symbol für die Stabilität und das Vertrauen in den Schweizer Finanzmarkt. Mit einem Bestand von 2590 Tonnen verfügte die SNB über eine weltweit bemerkenswert hohe Goldreserve pro Kopf. Die Bedeutung von Gold für Zentralbanken sank jedoch nach der Abschaffung des Goldstandards und der Einführung flexibler Wechselkurssysteme in den 1970er Jahren. Parallel dazu verursachte der stetige Rückgang des Goldpreises in den 1980er- und 1990er-Jahren eine Debatte über die Notwendigkeit umfangreicher Reserven.
Die Schweiz stand international unter Beschuss, namentlich durch Diskussionen über nachrichtenlose Vermögen und die Untersuchung der Schweizer Rolle im Zweiten Weltkrieg durch die Bergier-Kommission. Dies führte zu kritischen Stimmen, insbesondere aus den USA. Infolgedessen entstand die Idee, eine Solidaritätsstiftung zu gründen, die aus den Erlösen des Goldverkaufs finanziert werden sollte. Dafür wurde die Bundesverfassung geändert – eine Tatsache, die während des Abstimmungskampfes wenig Aufmerksamkeit erhielt. Der Verkauf war damit beschlossen.
Die Verteilung der Erlöse löste heftige politische Diskussionen aus. Während SVP und Gewerkschaften forderten, das Geld komplett der AHV zuzuwenden, schlug das Parlament einen Kompromiss vor: Ein Drittel sollte jeweils an den Bund, die Kantone und die Solidaritätsstiftung gehen. Letztere scheiterte jedoch 2002 in einer Volksabstimmung, woraufhin die Mittel zwischen Bund und Kantonen aufgeteilt wurden. Dabei erhielt der Kanton Wallis pro Kopf mehr als dreimal so viel wie der Kanton Zug.
Das Gerücht hielt sich hartnäckig, dass die Schweiz zum Verkauf durch die USA gezwungen wurde. Besonders kontrovers war die Theorie von Ferdinand Lips in seinem Buch “Gold Wars”, wonach die USA Länder mit umfangreichen Goldreserven zum Verkauf drängten, um den Goldpreis künstlich niedrig und den Dollar stabil zu halten. Bemerkenswert ist, dass die SNB nach dem Verkauf kein Gold mehr in den USA lagerte.
Nach dem großen Verkaufswellenende im Jahr 2005 veräußerte die SNB 2007 zusätzliche 250 Tonnen Gold, ohne dass dies große politische Debatten auslöste. Insgesamt verkaufte sie zwischen 2000 und 2010 etwa 1550 Tonnen Gold und erzielte 28 Milliarden Franken – ein Betrag, der heute einem Wert von 133 Milliarden Franken entsprechen würde. Rückblickend betrachtet war dieser Verkauf eine der kostspieligsten wirtschaftlichen Fehlentscheidungen der Schweiz. Eine alternative Anlage in einem Staatsfonds fand damals keinen Rückhalt, obwohl selbst die Rendite aus Schweizer Aktien weit unter der Wertsteigerung von Gold geblieben wäre.
Heute beläuft sich der Goldbestand der SNB auf 1040 Tonnen, die zu 70 Prozent in der Schweiz, zu 20 Prozent in England und zu 10 Prozent in Kanada gelagert werden. Ein weiterer Verkauf wird derzeit nicht erörtert. Eine neue Debatte entfacht jedoch Unruhe: Etwa 40 Milliarden Franken aus dem AHV-Fonds liegen bei einer US-Bank, was Forderungen nach einer Rückführung zur Folge hat.
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