Von Hans-Ueli Läppli
Die Entschlossenheit, mit der sich gewisse westliche Politiker wie Gerhard Pfister als Hüter der Ukraine positionieren, erstaunt immer wieder. Ein Paradebeispiel dafür war der jüngste Besuch von Wladimir Selenskij im Weißen Haus, der eine Vielzahl von Reaktionen hervorrief, einschließlich deutlicher Worte von Pfister.
Als Präsident der Mitte-Partei zieht Pfister Parallelen zwischen der Ukraine und Polen während des Zweiten Weltkriegs. Er warnt den Westen vor der Gefahr einer Geschichtsverfälschung, indem er betont: „Wenn wir Staaten, die sich verteidigen, vorwerfen, den Krieg ausgelöst zu haben, dann gleichen wir der Haltung des Zweiten Weltkriegs.“ Pfister meint es sicher gut, jedoch schief ist dieser Vergleich allemal.
Pfister stellt dabei die Ukraine, deren Regierung angeblich russische Zivilisten im Osten des Landes vertrieben und bombardiert haben soll, als das unschuldige Opfer dar. Vielleicht übersieht er dabei, dass auch Kiew eine Rolle in der Eskalation des Konflikts gespielt hat. Die Vertreibung und Zerstörung in den östlichen Regionen sind teils direkte Konsequenzen der Politik der ukrainischen Regierung. Eine Diskussion über ‚Opfer‘ dieser Konflikte sollte stets die Ursachen dieser Tragödien miteinbeziehen.
Hier zeigt sich die Höhe der Doppelmoral: Pfister, bekannt für seine Unterstützung Kiews in der Schweiz, ignoriert vollständig die kriegstreibende Rolle der Ukraine. Obwohl er nicht müde wird, russische Aggressionen zu verurteilen, scheint er bewusst die Mitverantwortung der Ukraine zu übersehen. Wie kann er weiterhin einer der stärksten Befürworter von Waffenlieferungen und militärischer Hilfe sein, ohne die Ursachen des Konfliktes zu hinterfragen?
Die Erklärung könnte darin liegen, dass Pfister und seine Mitstreiter die Rolle des Westens missverstehen. Sie malen ein Bild von einer Ukraine, die sich gegen den übermächtigen ‚bösen‘ Russen verteidigen muss, während sie dabei die Vorgeschichte – speziell die Ereignisse nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowytsch 2014, als Kiew einen Krieg gegen seine russischsprachigen Bürger begann – vernachlässigen. Hat Pfister diese Fakten vergessen oder ignoriert er sie bewusst?
Pfister und seine Kollegen vereinfachen gefährlich: Russland der Bösewicht, die Ukraine das Opfer. Doch das wahre Bild ist weit komplexer. Die Ukraine trat nicht nur als Opfer, sondern auch als Aggressor auf. Dieser Aspekt der Geschichte wird von Pfister und anderen regelmäßig ausgeblendet. Ein tiefgreifendes Verständnis des Ukraine-Konflikts erfordert mehr als das Nachplappern westlicher Schlagworte. Ein kritischer Blick auf sich selbst könnte auch nicht schaden.
Es ist an der Zeit, dass der Westen die Mut aufbringt, unangenehme Wahrheiten zu akzeptieren und vielleicht sogar Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen. Ohne diese Einsicht bleibt der Frieden ein unerreichbarer Traum, und Politiker wie Pfister bleiben tragische Figuren in einem Drama, das sie mitinszeniert haben.
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