Holographischer Jesus nimmt Beichten entgegen: Digitalisierung erreicht die Kirche

Die fortschreitende Digitalisierung hält Einzug in diverse Lebensbereiche, und sogar kirchliche Institutionen bleiben nicht verschont. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür bot kürzlich die St. Peterskapelle in Luzern, wo ein experimentelles Projekt namens “Deus in Machina” ins Leben gerufen wurde. Dieses Projekt, eine Kooperation der Hochschule Luzern mit Theologen und Informatikern, präsentierte eine holografische Figur von Jesus, gesteuert durch Künstliche Intelligenz, die die Beichten der Gläubigen annahm und für weltweites Interesse sorgte.

Geistiger Dialog mit einer künstlichen Intelligenz

In diesem futuristischen Szenario tritt ein Gläubiger in einen Beichtstuhl ein, um dort auf das animierte Antlitz von Jesus hinter einem Gitter zu stoßen. Der digital gesteuerte Jesus weist zu Beginn darauf hin, keine persönlichen Informationen preiszugeben und erbetet Verständnis für seine digitale Existenz. Daraufhin steht er für Fragen zur Verfügung, die von täglichen Schwierigkeiten bis zu tiefergreifenden ethischen Dilemmata reichen.

Eine Besucherin erzählte, sie habe um Rat in Bezug auf Konflikte und Gewalt gebeten, woraufhin die KI zu Gebeten und Vergebung statt Rache riet. Andere Besucher äußerten sich positiv über die einfache Interaktionsweise und fühlten sich mit ihren spirituellen Anliegen ernst genommen.

Technik und Ethik – eine umstrittene Kombination

Das Feedback zu diesem Experiment ist gemischt. Während einige die tiefgehende Erfahrung betonen, kritisieren andere die Antworten der KI als “zu allgemein” und sehen darin eine Trivialisierung des religiösen Glaubens.

Peter Kirchschläger, Theologieprofessor und Ethiker an der Universität Luzern, vertritt die Ansicht, dass Maschinen nicht die moralische Intuition und spirituelle Tiefe besitzen, die für die geistliche Seelsorge essentiell sind. Daher können sie diese Rolle nicht übernehmen.

Auch von offizieller kirchlicher Seite wird der praktische Nutzen dieser Technologie relativiert. Marco Schmid, ein Theologe der St. Peterskapelle, betont, dass das Projekt nicht darauf abzielt, Priester zu ersetzen, sondern vielmehr eine Diskussion über den Einsatz von KI in religiösen Kontexten anzuregen.

KI in der Religion: Ein Blick in die Zukunft?

Obwohl das Experiment möglicherweise als PR-Aktion erscheinen mag, wirft es wesentliche Fragen zur Zukunft der Religion auf: Kann KI den Glauben bereichern oder besteht die Gefahr, dass sie die spirituelle Dimension der menschlichen Erfahrung verdrängt? Könnte ein “digitaler Messias” Menschen, die Probleme mit traditionellen kirchlichen Strukturen haben, einen neuen Zugang zur Spiritualität eröffnen?

Ob KI einen dauerhaften Platz in der religiösen Praxis finden wird, ist momentan noch unklar. Doch sicher ist, dass das Projekt aus Luzern eine neue Ebene der Diskussion über Technologie, Glaube und Ethik eröffnet hat – eine Debatte, die wohl gerade erst beginnt.

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